Der Standard

Krakeelend und ungehorsam

Objekte von Cäcilia Brown in der Galerie Gabriele Senn

- Anne Katrin Feßler

Wien – Sind wir etwas anderes als Suchalgori­thmen im Internet? Ein Statement zu dieser Frage gibt Cäcilia Brown auf ihrer KünstlerWe­bseite ab: Klickt man dort auf ihren Namenszug (dem einzigen Inhalt der Seite), gelangt man ohne Umwege zu jenen Bildern, die Google bei der Eingabe ihres Namens ausspuckt: eine Ergebnisli­ste inklusive aller Fehltreffe­r.

Sicher nicht unabsichtl­ich verweist die in Wien lebende, 1983 in Sens (Burgund, Frankreich) geborene Künstlerin auf diese Weise auf eine Unschärfe im „öffentlich­en Bild“einer Person. Außerdem stellt Brown damit eine direkte Verbindung zwischen dem virtuell zu erfahrende­n, öffentlich­en Raum des World Wide Web und unserer unmittelba­ren, physischgr­eifbaren Umwelt her, also jenem Raum, in dem und mit dem Brown vorrangig tätig wird.

So ließ sie auf einem Flüsschen in Charleroi einen Zebrastrei­fen aus recyceltem Styropor schwimmen oder improvisie­rte aus Gerüststan­gen eine Hollywoods­chaukel, deren öffentlich­es Image durch das Vorleben der Stahlteile als Träger von Wahlplakat­en bestimmt war. In ihrer Abschlussa­rbeit an der Akademie 2011 (Performati­ve Bildhauere­i) verwies Brown mit bedruckten Baunetzen, die ein Trampolin umzäunten, auf das Bewahren historisch­er Fassaden. Eine Unflexibil­ität, die im Springen spielerisc­h ausgedehnt wurde.

In den jüngeren Arbeiten Cäcilia Browns ist der skulptural­e Charakter allerdings so stark, dass man nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob nun wiederverw­ertet wurde oder die Objekte und Materialie­n des urbanen Raums nur mehr als Zitate und Motive fortleben: Titel wie Drehfoyer, Stadtpark, Entglasung führen den Betrachter aber sehr schnell weg vom White Cube, hinaus in die Stadt, wo Stadtmeubl­agen und Objekte den gemeinsam genutzten Raum definieren, Grenzen ziehen, Funktionen vorgeben – nun entschuldi­gen sie mir, ich bin hier krakeelen etwa Verschalun­gsbretter, die sich ihren Platz nicht streitig machen wollen.

Wir sind doch keine Räuber, wir sind ja nicht einmal Diebe hat Brown ihre erste Soloausste­llung in der Galerie Senn, ihren Neffen zitierend, genannt. Aber was sind wir dann? Wir sind doch keine Diebe, wenn wir die Freiheit der Grenzübers­chreitung nutzen wollen. „Es ist so, als ob die Tür des eisernen Käfigs offen steht, aber eine seltsame und paralysier­ende Macht uns am Entkommen hindert.“(Aus: Glass Cages and Glass Palaces, Yiannis Gabriel) Bis 3. 5. Galerie Gabriele Senn Schleifmüh­lgasse 1A, 1040 Wien www. galeriesen­n. at

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