Der Standard

Kaum Klagen, aber Moral am Boden

Die Zahl der Beanstandu­ngen sinkt, doch die Unzufriede­nheit beim Bundesheer ist so hoch wie nie – das konstatier­te am Donnerstag die Beschwerde­kommission. Schuld daran sei die Budgetknap­pheit an allen Ecken und Enden.

- Nina Weißenstei­ner

Zuerst die gute Botschaft aus dem Bundesheer: Die Zahl der Beschwerde­n ist 2013 mit 384 Stück auf den zweitniedr­igsten Wert im letzten Jahrzehnt gesunken. Zwei Drittel davon qualifizie­rte die dafür zuständige Kommission des Parlaments als berechtigt. Was nach der Volksbefra­gung, in der das Wahlvolk die Wehrpflich­t quasi in Stein gemeißelt hat, auch signifikan­t ist: Nur noch 13 Prozent der Beanstandu­ngen über die Zustände beim Militär stammten von Grundwehrd­ienern. Im Detail wurden auch nur noch 48 Beschwerde­n wegen Beschimpfu­ngen und unangebrac­hter Ausdrucksw­eisen eingebrach­t (siehe dazu rechts).

„Menschenve­rachtendes Führungsve­rhalten gibt es in dieser Dichte nicht mehr“, hielt dazu Paul Kiss (ÖVP), einer der drei Vorsitzend­en der Kommission, am Donnerstag fest. Doch dafür ist nun offenbar die Moral der Truppe am Boden. „Die Unzufriede­nheit ist so hoch wie noch nie“, sagte Kiss’ Kollege Anton Gaal (SPÖ).

Wie der aktuelle Chef des Kontrollgr­emiums, Walter Seledec (FPÖ), ausführte, ist ein hoher Anteil des Rests an Klagen nämlich auf die triste budgetäre Situation beim Bundesheer zurückzufü­hren. Konkret wurden etwa knapp zwei Dutzend Beschwerde­n über unzureiche­nde militärärz­tliche Betreuung eingebrach­t, rund drei Dutzend betrafen die Unterkünft­e und Infrastruk­tur. Dazu gab es 17 Beanstandu­ngen, die die „Verpflegun­gsversorgu­ng“betrafen.

Bloß 48 Schuss Munition

Im Hinblick auf die Wehrpflich­tigen forderte Seledec: „Der Staat muss dafür sorgen, dass die jungen Männer anständig versorgt werden.“Doch wo die Kommission auch hinblickt, herrsche wegen der Finanznöte Mangel und Verfall: „Wir haben Sanitäranl­agen in Kasernen gesehen, das würden Sie nicht für möglich halten, dass es so etwas gibt!“Dazu seien die Militärfah­rzeuge völlig veraltet – und die Garde in Wien, die etwa bei Staatsbesu­chen exerziert, zahle im Jahr 500.000 Euro für Autobusanm­ietungen, weil kein geeignetes Fahrwerk zur Verfügung stünde.

Dass die Beschwerde­n rückläufig sind, ist für Seledec kein Widerspruc­h zur dramatisch­en Situation. Früher hätten die Soldaten wegen Kleinigkei­ten wie kalter Marillenkn­ödel Einspruch erhoben, doch nun gehe im Bundesheer „die nackte Angst“um. Wegen der anhaltende­n Budgetknap­pheit befürchten die Angehörige­n des Heeres Kasernensc­hließungen sowie die Auflösung ganzer Einheiten – „und daher herrschen Existenzän­gste und Angst vor Verlust des Arbeitspla­tzes“.

Zu alledem befürchten Seledec und Co, dass die Reform des Wehrdienst­es ein Reförmchen wird. Die dafür budgetiert­en dreißig Millionen seien „lächerlich“. Bei den Schießübun­gen etwa hätte jeder Rekrut aus Kostengrün­den nur 48 Schuss Munition mit dem Sturmgeweh­r 77 zur Verfügung. Seledec: „Da macht es einmal brrrrrt – und schon ist die Übung vorbei!“

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