Von hoher Sicherheit und hohen Kosten
Lebensversicherungen sind als Vorsorge für später oder zur Absicherung der Familie ein weit verbreitetes Produkt. Die Assekuranzen streichen die Vorteile hervor, Konsumentenschützer sparen hingegen nicht mit Kritik. Die Branche will jetzt gegensteuern.
Wien – Die langfristige Vorsorge sei das Motiv Nummer eins für den Abschluss einer Lebensversicherung. Die garantierte Leistung und die hohe Sicherheit des Produkts würden auch oft als Grund genannt. Und obwohl bisher „keine einzige garantierte Leistung nicht erbracht worden ist“, wie Manfred Rapf sagt, steht das Produkt immer wieder in der Kritik und kommt nicht zur Ruhe. Ein Umstand, den der Verband der Versicherungsunternehmen Österreich (VVO) nun ändern will.
Rapf, Vorsitzender der Sektion Leben im VVO und Vorstandsmitglied der Sparkassen-Versicherung, hat sich vorgenommen, den Ruf der Lebensversicherung zu verbessern. Dafür hat er in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut GfK eine Umfrage gestartet. Die Ergebnisse: Die Lebensversicherung ist in Österreich ein „elementar wichtiges Instrument“, wenn es um Sicherheit und die persönliche Vorsorgeplanung geht. Der Aspekt der Pensionsvorsorge mit einer lebenslangen Rente, die finanzielle Absicherung für die Familie beziehungsweise Hinterbliebene im Todesfall und der Vermögens- bzw. Kapitalaufbau für die Zukunft motivieren zum Abschluss so einer Versicherung. „Die Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, welch besonderes Augenmerk in Österreich auf Sicherheit und Garantie gelegt wird“, betonte Rapf bei der Umfragepräsentation.
QQDas entscheidende Merkmal der klassischen Lebensversicherung sei der Anspruch auf die volle vereinbarte Versicherungssumme auch schon nach der Einzahlung einer einzigen Prämie. Die Höhe der Rendite, also um wie viel die einbezahlte Prämie durch eine geschickte Veranlagung am Kapitalmarkt steigt, ist laut Rapf „zweitrangig“.
Keine Antwort gibt die Umfrage auf jene Punkte, die etwa von Konsumentenschützern immer wieder kritisiert werden:
Da wären etwa die Kosten für den Abschluss einer Lebensversicherung. Diese schmälern über Jahre hinweg die Prämie, die in die Veranlagung gesteckt wird. So gebe es laut dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) Produkte, bei denen nur 80 Prozent der Prämie tatsächlich in die Veranlagung geraten, der Rest fließe in Kosten, die von den Versicherungen zudem nicht klar offengelegt würden. Eine Kritik, die Rapf nicht gelten lässt. Er könne zwar nicht ausschließen, dass es solche Produkte gebe, bei seinem Institut (S-Versicherung) gingen jedenfalls mehr als 90 Prozent in die Veranlagung. Warum Versicherungen nicht transparent offenlegen, welcher Anteil in welche Kostenstelle fließt, konnte Rapf aber nicht beantworten. Es gebe in Österreich knapp zehn Millionen Lebensversicherungsverträge, „eine Pauschalverurteilung ist daher nicht fair“, sagt Rapf. Garantiezins Anders als bei anderen Produkten gibt es bei Lebensversicherungen den Garantiezins. Aktuell liegt dieser bei Produkten im Bestand bei 2,7 bis 2,8 Prozent, für Neuabschlüsse beträgt der Garantiezins nur noch 1,75 Prozent. Rapf geht wie die Branche davon aus, dass aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes dieser Wert noch einmal gesenkt und auf 1,5 bzw. 1,25 Prozent fallen wird. Dort sollte dann aber die Talsohle erreicht sein.
Die Phase der niedrigen Zinsen macht es den Versicherungen aber schwer, die garantierten Zusagen zu erwirtschaften. In
Sicherheit und Rendite
Manfred Rapf, Vorsitzender der Sektion Lebensversicherung im Versicherungsverband, will das Image der Lebensversicherungen aufpolieren. Deutschland wird daher bereits das Ende der garantierten Lebensversicherung eingeläutet, weil viele Anbieter von dem Modell abgehen. Fakt sei, dass die österreichischen Versicherungen im Branchendurchschnitt trotz der Niedrigzinsphase per Jahresende 2013 eine Gesamtverzinsung (Garantiezins plus Rendite) von 3,25 Prozent geboten haben, „das liegt deutlich über dem aktuellen Sparzinsniveau“, sagt Rapf.
Gewinnbeteiligung Einmal pro Jahr flattert den Versicherungsinhabern ihre Gewinnbeteiligung ins Haus. Die Zahlen darin werden aber nicht näher erklärt. Wie setzt sich der Betrag der Gewinnbeteiligung zusammen? Welcher Anteil davon ist die Prämie, welcher der tatsächliche Gewinn? Wo wird veranlagt? In welche Assetklassen und in welche Märkte wird die Prämie investiert? Das sind Fragen, die dem Versicherungskunden – auch auf Nachfragen – in der Regel nicht beantwortet werden.
Rapf: „Es ist nicht so, dass wir darüber nicht informieren wollen. Die Information muss aber so verfasst sein, dass sie auch verstanden wird, und das ist schwer.“Die Frage, was schwer daran ist, zumindest die prozentuelle Aufteilung auf die Assetklassen offenzulegen, quittierte Rapf so: „Wir wollen der Konkurrenz ja nicht unbedingt Einblick gewähren.“Nachsatz: „In der Anlage des Geschäftsberichts kann die Information im Detail entnommen werden.“
QPotenzial am Markt
Laut Rapf wird die Lebensversicherung in jedem Fall „das“Vorsorgeprodukt bleiben: „Wir werden sie wie einen Bissen Brot brauchen.“Denn die Lebenserwartung steige, und das staatliche Umlageverfahren werde die Last nicht tragen können – „die wundersame Geldvermehrung gibt es nicht“, fasst Rapf zusammen.
Zudem gebe es in Österreich in diesem Bereich noch Potenzial. Liege die Durchdringung im europäischen Durchschnitt bei 4,5 Prozent des BIP, machten die Prämien in Österreich nur 2,1 Prozent des BIP aus. Der Anteil vom Produkt „Leben“am Versicherungsmarkt betrage in Europa 60 Prozent, in Österreich 40 Prozent.
Ab welcher Summe sich der Abschluss einer Lebensversicherung überhaupt lohne, wollte Rapf nicht sagen. Denn auch eine laufende Prämie muss man sich leisten können. Das fällt Jungfamilien oder Berufseinsteigern oft schwer. Wichtig ist laut Rapf, „dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Vorsorge geschaffen wird“.