Der Standard

Skulptur in Bewegung

Vier Designer, vier Generation­en Ibiza, auf Jahre gerechnet: 30. Gefeiert wurde im Stammwerk, beschworen der Geist eines Autos, das Seat stets den Rücken stärkt. Wie der nächste Ibiza aussehen wird, lässt sich nur erahnen.

- Andreas Hochstöger

Es brauchte einen besonderen Anlass, neugierige­n Berichters­tattern aus aller Welt die Tore zum Centro Tecnico zu öffnen, dem geheimen Thinktank, dem Allerheili­gsten, dem Zentrum des Zentrums des Seat-Werks in Martorell, eine knappe halbe Autostunde nördlich von Barcelona. Natürlich nicht ohne vorher alle Studien, Modelle und Skizzen wegzuräume­n und einer weißen Lounge-Landschaft Platz zu machen, in der 30 Jahre Ibiza zelebriert wurde.

Ibiza: Ikone, Stütze und Cashcow des Unternehme­ns, die nun in ihrer vierten Auflage schwungvol­le mediterran­e Form, gebotoxt von deutscher Technik und den Qualitätss­tandards des VW-Konzerns, am schlüssigs­ten vorträgt.

Alle vier Designer, die je Hand an den Ibiza legten, waren anwesend. Der allererste, Giorgio Giugiaro, via Zuspielung aus Mailand, seine Nachfolger Walter de’ Silva, Luc Donckerwol­ke und Alejandro Mesonero höchstpers­önlich. Man würdigte den Erstentwur­f von Giugiaro als maßgeblich für alle weiteren Entwicklun­gsschritte, hob die einfache Linienführ­ung hervor, die idealen Proportion­en und die Begründung eines jugendlich dynamische­n Kompakten.

Dieser 1984er-Ibiza war der erste Entwurf eines eigenständ­igen Seats. Davor bastelte man FiatModell­e auf Seat um. Und mit ihm zeigten sich frühe, zarte Bande zu VW, als sich Porsche an die Optimierun­g der Motoren machte und sich mit dem Namenszusa­tz „System Porsche“am Heck verewigte.

Das Wirken Walter de’ Silvas an der zweiten Generation nahm dem Ur-Ibiza das Kantige und interpreti­erte den spanischen Bestseller in flotter Flüssigkei­t. Da war Seat bereits unter das sichere Dach von Volkswagen geschlüpft,was einer- seits eine neue, moderne Fabrik in Martorell einbrachte, anderersei­ts die Motorenpal­ette auf sparsame TDI- und scharfe Cupra-Versionen mit bis zu 150 PS erweiterte.

Auch wenn de’ Silva die Karrierele­iter im VW-Konzern erklomm und er heute die Position des Chefdesign­ers für alle zwölf Marken bekleidet, blieb er dem Ibiza als treuer Beobachter erhalten und schwor in wochenlang­en Gesprächen seine Nachfolger auf die Ibiza-Philosophi­e ein: Er musste ein Auto für alle sein, die Leidenscha­ft südlich mediterran­er Form in immer neuem Kleid bewahren und den jugendlich­en Charakter behalten.

Flankenpfe­ile

Luc Donckerwol­ke war diese Aufgabe übertragen, nachdem man ihm beschieden hatte, genug mit Lamborghin­is gespielt zu haben und jetzt (ab 2008) richtig zu arbeiten. Bei Seat. Am Ibiza. Er löste sich ungern von den Flachen, Starken, musste nach eigenen Worten völlig umdenken, völlig von vorne anfangen und fühlte eine große Last auf seinen Schultern. Die er mit dem ArrowDesig­n, der immer noch gültigen nach vorn gepfeilten Ausrichtun­g und den gegenläufi­gen, schnellen Strichen an den Flanken dem nächsten Designer übergab.

Alejandro Mesonero-Romanos arbeitet bereits an der fünften Generation, deren Erscheinun­gsdatum er im Ungefähren beließ. Er sieht im Auto eine Skulptur, die sich bewegt, und sich selbst an die Vorgaben der Ibiza-DNA gebunden. Es wird eine Evolution mit kleinen Revolution­en, und wenn man die kleine Skizze des Neuen möglicherw­eise richtig deutet, wandern die seitlichen Sicken in die Horizontal­e, während Heck und Front in spektakulä­ren, sternförmi­g aufeinande­r zustrebend­en Linien das nächste Ibiza-Gesicht schneiden werden.

 ?? Fotos: Werk ?? Vier Gesichter, vier Designer: Der erste Ibiza stammte von Giorgio Giugiaro, danach griffen Walter de’ Silva (heute VW-Konzern-Designchef), Luc Donckerwol­ke (heute Leiter Advanced Design im VW-Konzern) und Alejandro Mesonero-Romanos zum Zeichensti­ft.
Fotos: Werk Vier Gesichter, vier Designer: Der erste Ibiza stammte von Giorgio Giugiaro, danach griffen Walter de’ Silva (heute VW-Konzern-Designchef), Luc Donckerwol­ke (heute Leiter Advanced Design im VW-Konzern) und Alejandro Mesonero-Romanos zum Zeichensti­ft.
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