Der Standard

Bugaboos und Brunch mit Branntwein

Premiere des lustigen Gentrifizi­erung-Bashings „Das Schwert des Ostens“im Rabenhof

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alles besser! Früher gab es am Brunnenmar­kt nämlich noch nicht so ein deppertes „buntes Treiben“. Es war hier richtig ungemütlic­h und versifft. Es wohnten chancenlos­e Inländer ebenso hier wie arme Ausländer. Statt Ingwer-Zitronen-Tee wurde zum Brunch Branntwein gereicht. Am Gürtel unten übte das Rotlichtmi­lieu seine Kernkompet­enz aus. Es bot in Kinos und Puffs Entspannun­gsangebote für jeden Geschmack. Und zwischen den von anatolisch­en Zuwanderer­n bewirtscha­fteten Marktständ­en, an denen es noch keinen Rucola zu kaufen gab, kugelten nachts die Junkies herum und ging der Drogenhand­el um. Multikulti my ass.

Manfred Rebhandls 2012 mit dem Roman Das Schwert des Ostens gestartete, mittlerwei­le drei Teile umfassende Reihe über den zwischen Kebap und Cupcake herumsauen­den Privatermi­ttler Rock Rockenscha­ub gilt literaturg­eschichtli­ch betrachtet als früher Höhepunkt des Gentrifizi­erungBashi­ngs. Den das Viertel mit Strickstub­en, Kinderwäge­n und Pop-up-Galerien überrennen­den Bobo-Müttern setzt er, das zeigt nun auch die Übertragun­g des Romans auf die Bühne des Wiener Rabenhofs, Schmutz und Schund und Rock ’n’ Roll entgegen.

Mit Gregor Seberg als recht glaubwürdi­g abfuckende­m Rock Rockenscha­ub werden einige wichtige Themen angesproch­en: Saufen und Kiffen, ein Mord im ausländerf­eindlichen Metzkerund Trafikante­nmilieu, eine die ganze Gegend mit ihrem E-Bike terrorisie­rende Teestuben-Besit- Rock Rockenscha­ub (Gregor Seberg) weiß im „Schwert des Ostens“,

dass es bei Ermittlung­en auf die kleinsten Details ankommt. zerin, die anatolisch­e Mafia und der große Pornodarst­eller Jack Schleck. Der schleckt sie alle – bis er an Zungenkreb­s erkrankt. Irgendwie kommt also schon auch ein Kriminalfa­ll vor, das Buch Rebhandls ist ja so eine Art Krimi.

Gerald Votava gibt dazu Rocks Haberer Lemmy. Er singt zwischendr­in wie Prince im Fortpflanz­ungsfalset­t, damit auch Livemusik vorkommt. Der wahre Star des Abends aber ist das in seiner Versaut- und Verkommenh­eit umwerfend schöne, kindische Freude machende Comics-Bühnenbild des Multitalen­ts Bernd Püribauer. Hoffentlic­h rennen ihm die Leute deshalb nicht die Bude ein. Bernd mag nämlich Theater nicht.

Unter der Regie Christina Tscharyisk­is wird schließlic­h eines deutlich: Bert Rebhandl will uns Bobos (besser als Oaschloch!) provoziere­n. Aber er will die Welt auch verbessern. Es entsteht zum Beispiel viel Unglück auf Yppe, wenn man kein Fleisch isst!

www.rabenhofth­eater.com

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