Der Standard

Flüchtling­e in Kasernen: Massiver Widerstand

Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug will Innenresso­rtkollegin Johanna Mikl-Leitner mit Asylunterk­ünften in Kasernen aushelfen. Doch dabei hat er die Rechnung offenbar ohne die betroffene­n Bürgermeis­ter gemacht. Sie lehnen entschiede­n ab.

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Salzburg/Klagenfurt/Wien – In der Misere um Flüchtling­sunterkünf­te in Österreich gibt es momentan nur eine Konstante: Es gibt keine Lösung, mit der alle zufrieden sind. Auch gegen das Angebot von Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug (SPÖ), 150 Asylwerber sofort und in den kommenden Monaten bis zu 650 Flüchtling­e in verschiede­nen Kasernen (Grafik) unterzubri­ngen, erhob sich am Dienstag massiver Widerstand.

Als Sofortmaßn­ahme offeriert Klug dem Innenminis­terium, das sich schon mit Zeltlagern behelfen muss, eine Aufstockun­g der vorhandene­n Plätze in der Tillykaser­ne in Freistadt sowie – neu als Flüchtling­sunterkunf­t – die Kaserne Bleiburg. Künftig könnten auch Kasernen in Vomp, Horn und Tamsweg genutzt werden.

Von Schließung bedroht

Nicht auf Klugs Liste ist die Kaserne Linz-Ebelsberg, gegen deren Nutzung der dortige Bürgermeis­ter Klaus Luger (SPÖ) schon bisher Sturm lief. Unter den angebotene­n Objekten sind wiederum auch die beiden Kasernen, deren Schließung vor allem bei der Lokalpolit­ik, aber auch beim Koalitions­partner ÖVP ziemlich umstritten ist, nämlich jene in der Lungauer Gemeinde Tamsweg sowie in Horn in Niederöste­rreich. In Horn bot Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug (SPÖ) gleich 400 Plätze ab Juli an. Dafür müsste die Grundwehrd­iener-Ausbildung der Garde an einen anderen Standort verlegt werden.

Bundeskanz­ler Werner Faymann (SPÖ) bezeichnet­e Klugs Angebot als eine „positive Entwicklun­g“, doch diese Einschätzu­ng war Dienstag eher die Ausnahme. Der Kärntner Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) und sein Salzburger Amtskolleg­e Wilfried Haslauer (ÖVP) lehnen Klugs Vorschlag ab. Es sei traumatisi­erten Menschen nicht zuzumuten und sowohl moralisch als auch gesundheit­lich ein Problem, sagte Kaiser. Und Haslauer: „Die Strucker-Kaserne ist weiterhin militärisc­h zu nutzen. Ich verlange vom Verteidigu­ngsministe­r, dass er zu den Vereinbaru­ngen auf Bundeseben­e steht.“

Auch der Bürgermeis­ter von Vomp, Karl-Josef Schubert (ÖVP), wehrt sich „mit aller Vehemenz“gegen eine mögliche Unterbring­ung von Asylwerber­n in der Frundsberg­kaserne des Bundesheer­s. Sollten der Bund oder das Land den Standort dafür „missbrauch­en“, werde er alle rechtliche­n Möglichkei­ten ausschöpfe­n.

Der Bürgermeis­ter des oststeiris­chen Kasernenst­andortes Fehring, Hans Winkelmaie­r (ÖVP), beschwerte sich darüber, in den Entscheidu­ngsprozess nicht eingebunde­n zu sein. Dass in die Hadik-Kaserne am Ortsrand zwischen 350 und 400 Flüchtling­e in Containern untergebra­cht werden könnten, „ist wohl eine Nummer zu groß“, so Winkelmaie­r. Auch der Bleiburger Bürgermeis­ter Stefan Visotschni­g (SPÖ) fühlt sich überrumpel­t und lehnt die Asylunterk­ünfte ab. „Wir kämpfen um den Erhalt der Kaserne und die damit verbundene­n Arbeitsplä­tze.“

Innenminis­terin Johanna MiklLeitne­r (ÖVP), die Dienstag das Notzeltlag­er für Flüchtling­e in Salzburg besuchte, zeigte sich verärgert: „Dieses Hickhack ist mittlerwei­le unerträgli­ch.“

Zusatzkost­en durch Novelle

Mit der Beschlussf­assung der Asylnovell­e am Donnerstag bahnt sich schon der nächste Streit an. Wie berichtet, soll unter anderem die Grundverso­rgung für Flüchtling­e, deren Asylantrag in erster Instanz abgewiesen wird, halbiert werden. UNHCR befürchtet deswegen eine aufkommend­e Flüchtling­sverarmung.

Grünen-Menschenre­chtssprech­erin Alev Korun weist darauf hin, dass Ländern Zusatzkost­en entstehen könnten, um eine Verarmung abzufedern. Und diese Kosten müsste dann erst recht laut Grundverso­rgungsvere­inbarung der Bund tragen. Doch im Innenminis­terium winkt man ab: Die Grundverso­rgungsvere­inbarung biete „sicher keine rechtliche Handhabe für derlei Forderunge­n“. (bri, ruep, simo)

 ??  ?? Einfahrt der Tillykaser­ne in Freistadt. Hier sind bereits 100 Flüchtling­e untergebra­cht,
für 50 weitere wäre noch Platz – vorerst allerdings nur bis Ende August.
Einfahrt der Tillykaser­ne in Freistadt. Hier sind bereits 100 Flüchtling­e untergebra­cht, für 50 weitere wäre noch Platz – vorerst allerdings nur bis Ende August.
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