Heftige Scharmützel in der Biobranche
Streit um neuen Bundesobmann der Bio Austria – Unmut unter Bauern über Entwicklung des Verbands
Wien – In der Biobranche herrscht dicke Luft. In der Basis wie an der Spitze. Grund ist die Bio Austria, Europas größter Verband für Biobauern, der hierzulande die Interessen von mehr als 12.000 Betrieben auf dem nach wie vor stetig wachsenden Biomarkt vertritt.
Acht Jahre lang stand der Kärntner Landwirt Rudolf Vierbauch an der Spitze der Organisation. Kommenden Freitag wird von den gut 120 Delegierten ein neuer Bundesobmann gewählt. Um die zukünftige Führung ist hinter den Kulissen, wie der STANDARD erfuhr, eine harte Fehde entbrannt. Um diese zu entschärfen, wurden dem Vernehmen nach vergangene Woche auch Anwälte aufgesucht.
Aufgetan hat sich der tiefe Graben zwischen den Landesorganisationen der Bio Austria und ihrer Bundesorganisation. Beide stellen am Freitag jeweils eigene Kandidaten. Wobei die Bundesorganisation den Vorschlag der Länder im Vorfeld für null und nichtig erklärt haben soll und ihn nicht zur Wahl zulassen wollte, erzählen Involvierte. Was die Länder wiederum bewogen habe, ihrer Favoritin, einer Biobäuerin aus Oberösterreich notfalls auch juristisch die Kandidatur zu ermöglichen.
„Es gibt zwei Wahlvorschläge, aber das ist nicht ungewöhnlich“, sagt Vierbauch. Dass erstmals in der Geschichte des Biolandbaus eine Obfrau oder ein Obmann per Anwalt durchgesetzt werde, sei jedoch Unsinn. Das obliege nur den Delegierten. Vor jeder großen Veränderung brodle halt die Gerüchteküche, „das ist menschlich.“
Vierbauch relativiert auch, dass er, wie Delegierte sagen, die Verbandsstatuten ändern wollte, um nach zwei Obmannperioden erneut kandidieren zu dürfen. Hätte es dafür eine breite Mehrheit gegeben, hätte er noch darüber nachgedacht, räumt er ein. „Aber der Job sei kein einfacher und bringe Entbehrungen mit sich. „Acht Jahre sind genug.“Er kehre nun nach Kärnten auf seinen Biohof zurück.
Es bedarf im Verband künftig einiger Klärungen, meint hingegen ein Landesobmann. In bester Ord- nung sei nichts. Ein heikler Punkt ist etwa, dass Bio Austria heuer ein Defizit zwischen 150.000 und 200.000 Euro verbucht. In den vergangenen fünf Jahren erlebte sie vier Wechsel in der Geschäftsführung. Vierbauch führt das negative Ergebnis heuer auf hohe Investitionen aus dem Vorjahr zurück.
Markteinfluss sinkt
Einiges böses Blut gibt es jedoch auch unter den Mitgliedsbetrieben. Viele ächzen unter Jahresbeiträgen von teils 2000 Euro im Jahr. Rund 40 Prozent zahlen mehr als tausend Euro. Nicht alle sind mit der Leistung zufrieden; man leiste sich mit dem Verband ein teueres Monatsmagazin, witzeln Bauern.
Wirtschaftlich sei der Markteinfluss der Bio Austria gesunken. Das betreffe Rohstoffsparten rund um Getreide ebenso wie Gemüse und Fleisch. Vieles davon sei mittlerweile in Hand großer Anbieter, im Übrigen auch Raiffeisen. Andere kleine Betriebe hätten das Biohandwerk so gut gelernt, dass sie die Hilfe des Verbands zehn Jahre nach seiner Gründung nicht mehr benötigten, so der Tenor. Zumal auch der Einzelhandel keine Verbandsmitgliedschaft verlangt.
Die Bio Austria hatte es sich an die Fahnen geheftet, an der Spitze der Biobewegung Märkte zu entwickeln, starker Partner des Handels zu sein und Einfluss auf die Agrarpolitik zu nehmen. Und daran hat sich aus Vierbauchs Sicht nichts geändert: Der Verband leiste Dienste für die Biobranche, die weit über die Bedürfnisse seiner Mitglieder hinausgehen, sagt er. „Viele Betriebe profitieren davon, auch wenn sie nicht bei uns sind.“
Anders als in Österreich gebe es in Deutschland eine Handvoll Bioverbände. „Mit dem Ergebnis, dass keiner politische Kompetenz hat.“Vierbauch sieht auch hierzulande politisches Interesse, den Einfluss der Bio Austria zurückzudrängen.
Seit 2005 hat sich die Zahl ihrer Mitglieder um gut 1500 reduziert. Was teils auch daran liegt, dass die Landwirte generell weniger werden. Unterm Strich stagnieren die Bioflächen. Der Bauernschwund im Biolandbau ist geringer als jener im konventionellen Anbau.