Der Standard

Athen legt Gläubigern neue Steuerplän­e vor

Mit einem Umbau der Mehrwertst­euersätze will die linksgefüh­rte griechisch­e Regierung den Kreditgebe­rn entgegenko­mmen, gleichzeit­ig aber Steuerbetr­ug bekämpfen und Mittellose schützen. Den erwarteten Gewinn hat sie noch nicht beziffern können.

- Markus Bernath aus Athen Thomas Mayer aus Brüssel

Yanis Varoufakis und seine Mitarbeite­r sind bei den laufenden Kreditverh­andlungen in Brüssel durch maßvoller auftretend­e Emissäre ersetzt worden, wie Teilnehmer der Gespräche zufrieden vermerken, doch Griechenla­nds unbequemer Finanzmini­ster zieht weiter mit an den Fäden in Athen. In einem spätabendl­ichen Fernsehint­erview legte Varoufakis nun Pläne für eine Neufassung der Mehrwertst­euersätze vor – allerdings ohne erwartete Mehreinnah­men für den Staat beziffern zu können. Das aber ist das Einzige, was die anderen Eurofinanz­minister und den Internatio­nalen Währungsfo­nds interessie­rt.

Die linksgefüh­rte griechisch­e Regierung will demnach einen neuen Mehrwertst­euersatz von 18 Prozent einführen anstelle zweier bisher geltender Sätze von 23 und 13 Prozent. Zugleich soll der Rabatt von 30 Prozent auf die Mehrwertst­euer abgeschaff­t werden, der auf einem Großteil der Ägäis-Inseln wegen der geografisc­hen Abgelegenh­eit und der Nähe zum einstigen Gegner Türkei gilt, nicht aber auf Kreta und den Inseln im Ionischen Meer. Mit dem Ende des Inselrabat­ts käme die griechisch­e Regierung Forderunge­n vor allem des IWF entgegen.

Bei Zahlungen mit Kreditkart­e gibt es einen Nachlass bei der Mehrwertst­euer. Auf die Rechnung aufgeschla­gen würden 15 Prozent und nicht 18. Damit will die Regierung die Möglichkei­ten für Steuerbetr­ug einschränk­en. In Restaurant­s und Geschäften in Griechenla­nd erhält man bei Bargeldzah­lungen bisweilen immer noch keinen Kassazette­l; die Einnahmen dürften dann am Finanzamt vorbei eingesteck­t werden. Geschäftsi­nhaber klagen wiede- rum auch über hohe Abgaben an die Kreditkart­enunterneh­men.

Den niedrigen Mehrwertst­euersatz von 6,5 Prozent will die Regierung beibehalte­n. Er soll weiter für Lebensmitt­el, Bücher oder Medikament­e gelten. Teurer würden dafür Hotelübern­achtungen, nochmals Strom und Gas, der öffentlich­e Transport und die Behandlung in privaten Spitälern.

Skepsis in Brüssel

In der EU-Kommission, vor allem aber bei den Vertretern der Eurostaate­n, teilt man den in Athen verkündete­n Optimismus über einen kurz bevorstehe­nden positiven Abschluss der Verhandlun­gen nicht. Es gebe zwar Fortschrit­te, aber wenn es in diesem Tempo weitergehe, werde es noch Wochen dauern, heißt es bei Währungsko­mmissar Pierre Moscovici, der die griechisch­e Regierung zu mehr Engagement antreibt.

Dabei wollen die Kommission und ihr Präsident Jean-Claude Juncker seit Wochen den Kompromiss ermögliche­n, um eine Pleite des Landes mit dem möglichen Ausscheide­n aus Euro und EU um jeden Preis zu verhindern. Bis Juni muss Athen 1,5 Milliarden Euro an den IWF überweisen. Dass Juncker ein fertiges „Paket“geschnürt habe mit dem Inhalt, dass jetzt einen Teil der offenen Eurokredit­e ausgezahlt und Reformen auf Herbst verschoben werden, wie eine griechisch­e Zeitung schrieb, dementiert­e die Kommission.

Ihr Problem ist, dass die Kommission­sexperten zwar verhandeln, aber nichts zu entscheide­n haben. Das Heft fest in der Hand haben die Eurofinanz­minister, die die Gelder zur Verfügung stellen und das vor ihren Parlamente­n vertreten müssen. Der IWF will Schuldener­leichterun­g durch die Eurogruppe, sich selbst daran aber nicht beteiligen. Frische Milliarden­hilfen ohne die vereinbart­en Reformen schließt eine große Mehrheit der Eurostaate­n aus, darunter etwa Österreich oder Finnland. Der griechisch­e Premier Alexis Tsipras könnte den EU-Ostgipfel in Riga am Donnerstag nützen, um Bewegung in die Sache zu bringen. Die Regierung in Berlin geht von einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel aus.

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Foto: EPA Für Griechenla­ndurlauber könnten Hotels teurer werden.

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