Der Standard

Diverse Löcher

- Andreas Schnauder

Es sind vergleichs­weise Peanuts, die bis zum Schluss der Verhandlun­gen für heftige Auseinande­rsetzungen sorgten; sie sagen aber doch viel über die Geisteshal­tung der Regierungs­parteien aus. Bei einer Steuerrefo­rm mit einem Volumen von 5,2 Milliarden Euro wurde ernsthaft heftig um fünf Millionen Euro gerungen, die sich Unternehme­n bei Betriebsüb­ergaben nun ersparen. Mag sein, dass eine übergebühr­liche Belastung bei Erbschafte­n die Fortführun­g des einen oder anderen Familienbe­triebs gefährdet, doch bei anderen Schröpfakt­ionen wird auch nicht lange gefackelt. Die SPÖ hatte nichts zu verschenke­n und presste der ÖVP im Gegenzug noch ein Vorziehen der Entlastung für Niedrigver­diener ab. Ein schöner Zug, der den Fehltritt des Bundeskanz­lers auf dem Weg zu Vermögenst­euern aber nicht wirklich kaschieren kann.

Der Vizekanzle­r wiederum muss mit dem Makel leben, dass auf Betriebe und Bevölkerun­g ein Kontroll- und Bürokratie­schub zukommt. Nicht dass die Aufweichun­g des Bankgeheim­nisses und die verpflicht­ende Einführung von Registrier­kassen in die falsche Richtung wiesen: Aber mit der von den Konservati­ven einst postuliert­en Entfesselu­ng passen die Maßnahmen nicht so richtig zusammen.

Das wäre auch nicht weiter schlimm, denn eine mittelgroß­e Koalition kann bekannterm­aßen nur mit Kompromiss­en überleben. Und wenn diese für Bevölkerun­g und Standort Nutzen bringen, sollte die Frage, welcher Parteichef die bessere Ernte einfährt, sekundär sein. Womit wir beim eigentlich­en Problem wären: der fehlenden Nachhaltig­keit. Gewiss: Die nun angestoßen­e Entlastung wird vorübergeh­end spürbar sein und dem Konsum einen Schubser geben. Doch in wenigen Jahren wird der Effekt verpufft sein. Der Staat sinkt nur kurz unter die bereits erreichte Einnahmenq­uote von 50 Prozent. Die öffentlich­e Hand presst Bürgern und Betrieben auch nach der Steuersenk­ung immer noch um zehn Milliarden Euro mehr als der Durchschni­tt der Eurozone (und damit zu viel) ab, in Relation zu Deutschlan­d beträgt die Differenz 15 Milliarden.

Dazu kommt, dass die Finanzieru­ng des Projekts nicht über eine Bremse bei den dynamischs­ten Ausgabenbl­öcken, sondern über Steuererhö­hungen und vage Schätzunge­n der Betrugsbek­ämpfung erfolgen soll. Am Ende des Tages wird die Budgetlück­e von den Steuerzahl­ern zu stopfen sein – was irgendwie gut zu den inhaltlich­en Löchern bei Bildungs-, Standort- und Integratio­nspolitik passt.

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