Der Standard

KOPF DES TAGES

Der Bon zeigt, wie viel einer auf dem Kerbholz hat

- Conrad Seidl

Brauchen S’ a Rechnung?“Schon falsch. Die häufig gestellte Frage, ob der Käufer wohl ein Dokument seines Kaufes brauche, bezieht sich eigentlich nicht auf die Rechnung (die der Kaufmann gleichwohl auszustell­en hätte, wenn er das Geschäft korrekt verbuchen würde), sondern auf den Zahlungsbe­leg. Es geht um den Nachweis, dass der Käufer auch tatsächlic­h bezahlt hat, was ihm der Verkäufer in Rechnung gestellt hat, bei kleineren Summen einfach um einen Kassabon.

Diesen auszustell­en wird für kleine Händler und für Gastronome­n künftig Pflicht – ebenso wie es für die Kunden und Gäste Pflicht wird, den Zahlungsbe­leg zumindest bis zum Verlassen des Lokals aufzubewah­ren. So machen es die Italiener seit Jahren, weil auch dort der kleine Handel und die einfache Gastronomi­e unter den Generalver­dacht gestellt wurden, dass jede nicht belegte Einnahme unversteue­rt bliebe.

Dabei hat sich der Charakter der Zahlungsbe­lege über die Jahre und Jahrhunder­te durchaus geändert: Die Ahnenreihe beginnt wohl mit dem Kerbholz – einem zweiteilig­en Holzstück, in das Lieferant und Kunde gemeinsam eine Kerbe für jede Lieferung geschnitte­n haben; sie setzte sich fort mit Bierdeckel­n und Kellnerblö­cken, auf denen mit Bleistift die Konsumatio­n notiert und dann abgerechne­t wurde. Dann die Durchschre­ibeblöcke, die je eine Kopie der Abrechnung für Händler und Käufer ermöglicht­en.

Und schließlic­h die Registrier­kassen, die einst mechanisch rechnend, heute computeris­iert, die einzelnen Posten ausweisen und aufsummier­en, Steuerante­ile ausweisen und – unter Einhaltung aller Rechnungsl­egungsvors­chriften mit Ausnahme der Nennung des Leistungse­mpfängers – dem Käufer belegen, was er zu zahlen hatte. Und, wichtig für die Finanz: dass er auch gezahlt hat. Sonst wäre die Rechnung ja als offen, im Falle der Zechprelle­rei auch als uneinbring­lich, zu verbuchen. Dabei ist der papierene Kassabon nur der meist auf Thermopapi­er ausgedruck­te Beleg für den in der Computerka­sse möglichst manipulati­onssicher registrier­ten Buchungs- und Zahlungsvo­rgang.

Dieser interessie­rt die Finanz natürlich viel mehr als das Zettelwerk, das rasch verblasst und in der Regel ohnehin weggeworfe­n wird (wenn es der Kunde nicht für die eigene Buchhaltun­g braucht). In der Kasse ist „boniert“, dass der Kassabon gedruckt wurde – daher der Ausdruck „ist gebongt“für „alles klar“.

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jedem Kauf Pflicht.
Foto: Seywald Der Kassabon wird bei jedem Kauf Pflicht.

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