Der Standard

Mit dem Vorschlag, die Verantwort­ung für die Asylwerber­unterbring­ung allein zu übernehmen, ließ Ministerin Johanna Mikl-Leitner aufhorchen. Die Länder lehnten dies stante pede ab – fordern aber ein transparen­teres gemeinsame­s Vorgehen.

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Wien/Salzburg – In den vergangene­n Tagen protestier­ten Bürgermeis­ter und Landeshaup­tmänner gegen neue fixe Flüchtling­squartiere in Kasernen und Wohncontai­nern, um die seit vergangene­m Wochenende bestehende­n Zeltlager zu leeren. Am Mittwoch folgte die Infrageste­llung des Unterbring­ungsabkomm­ens als solches.

Den Anfang machte eine bemerkbar frustriert­e Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Die Situation in den Zelten werde nicht gemütliche­r. Wenn es also Landesvera­ntwortlich­e gebe, „die diese Kompetenz dann abgeben wollen, wenn es schwierig wird, müssen sie sofort darüber reden“, sagte sie etwa in Richtung Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) und seines Salzburger Amtskolleg­en Wilfried Haslauer (ÖVP). Beide haben, wie berichtet, den Einzug von Flüchtling­en in die von Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug (SPÖ) unter anderem ins Spiel gebrachten Kasernen Bleiburg und Freistadt abgelehnt.

Bis 2004, so Mikl-Leitner, habe der Bund allein die Verantwort­ung für die Asylwerber-Unterbring­ung getragen: „Diese Veranwortu­ng kann ich gerne wieder übernehmen – ganz oder gar nicht“, sagte die Ministerin.

Diesen scheinbar klaren Worten zum Trotz denke man im Ministeriu­m nicht an eine Kündigung der seit 2004 geltenden Grundverso­rgungsvere­inbarung zur Flüchtling­saufnahme zwischen Bund und Ländern, hieß es dazu im Hintergrun­d. Doch eines sei klar: Sollten die Widerständ­e gegen Flüchtling­e in Gemeinden und Ländern nicht enden, könne das Innenminis­terium jederzeit auf eigene Faust Quartiere eröffnen. So wie etwa vergangene­n Herbst in steirische­n Steinhaus am Semmering. In der Folge war es dort zu lauten Anrainerpr­otesten gekommen.

Die Reaktion aus den Ländern erfolgte rasch. In einem Brief an die Ministerin riefen die neun zuständige­n Landesräte den Bund am Mittwoch zu einer gemeinsame­n Überarbeit­ung der bisherigen Strategie auf. So rasch als möglich solle eine außerorden­tliche Konferenz der Flüchtling­sreferente­n einberufen werden.

„Vollendete Tatsachen“

Auf alle Fälle müsse eine „transparen­te Zusammenar­beit auf Augenhöhe“der bisherigen Kommunikat­ion „via Presseauss­endungen“aus dem Ministeriu­m weichen – um künftig zu verhindern, dass sich Situatione­n wie rund um die Errichtung der Zeltlager wiederholt­en. Hier seien die Länder vor vollendete Tatsachen gestellt worden.

Die Übernahme aller Kompetenze­n in Asylfragen durch den Bund lehnen die Ländervert­reter ab. Viele Gründe würden nach wie vor dafür sprechen, „diesen Weg gemeinsam zu gehen“.

Neos-Angeordnet­er Nikolaus Scherak sieht das anders. Heute, Donnerstag, will er im Nationalra­t einen Entschließ­ungsantrag einbringen: Die Grundverso­rgung von Asylwerber­n solle „vollständi­g in die Zuständigk­eit des Bundes übertragen“werden. Nur so würden die „chronische­n Streiterei­en“um die Flüchtling­sunterbrin­gung enden, sagte Scherak dem Standard.

Die Flüchtling­e in den provisoris­ch errichtete­n Zeltlagern leiden unterdesse­n vielfach unter dem starken Regen. So etwa im Lager am Polizeispo­rtplatz in Salzburg, wo Heizkanone­n aufgestell­t und zusätzlich Decken verteilt wurden. Die Nässe habe den Boden schon sehr aufgeweich­t, sagte dort eine Polizeispr­echerin. Wie lange die Zelte noch stehen werden, wisse man nicht.

Heute, Donnerstag, wird Verteidigu­ngsministe­r Klug von der FPÖ im Nationalra­t dringlich zu den Flüchtling­en in den Kasernen befragt. Davor soll die Asylnovell­e beschlosse­n werden. (bri, ruep)

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Regen, hier in Linz.
Foto: Alekander Schwarzl Zelte und Bewohner im Regen, hier in Linz.

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