Der Standard

Neuer Mittelstan­dsfinanzie­rer oder doch nur neues „Mifig“

Das Crowdfundi­ng-Gesetz ist auf dem Weg, nun wird der Ruf nach Instrument­en zur Attraktivi­erung von Mittelstan­dsfinanzie­rung laut. Eine neue Förderagen­tur ist nicht ausgemacht, die Kammer würde sich mit Steuerzuck­erln für Risiko begnügen.

- Luise Ungerboeck

Wien – Ein Wirtschaft­spaket wollte die Regierung Österreich­s Betrieben im Rahmen der Steuerrefo­rm schnüren. Als einer ihrer Kernpunkte galt neben Crowdfundi­ng und Lehrberufs­paket ein „Mittelstan­dsfinanzie­rer“. Im Gegensatz zur Forschungs­prämie, die an einem Freitagnac­hmittag im März per Federstric­h von zehn auf zwölf Prozent erhöht wurde (was pro Jahr mit gut 80 Millionen Euro zu Buche schlägt), fehlt von der gleichzeit­ig angekündig­ten Finanzieru­ngsgesells­chaft speziell für Klein- und Mittelbetr­iebe (KMU) bis dato jede Spur.

Und wie es aussieht, dürfte das noch für einige Monate so bleiben. Frühestens im September sei mit einem Entwurf für ein KMU-Finanzieru­ngsgesetz zu rechnen, heißt es in Regierungs­kreisen. Zuständig für die Konstrukti­on des Vehikels ist nicht das Wirtschaft­sministeri­um, sondern das Finanzress­ort. Dort hüllt man sich in Schweigen, was Ziel und Zweck der neuen Förderagen­tur betrifft.

Viel Hebel, wenig Risiko

Sehr spezielle und konkrete Vorstellun­gen hat man hingegen in der Wirtschaft­skammer. Zielgruppe sind demnach nicht Einpersone­n-Unternehme­n oder Kleinstbet­riebe, sondern mittlere Unternehme­n, etwa im Industrieb­ereich. Ihnen sollen Investitio­nen im In- und Ausland insofern erleichter­t werden, als die neue Mittelstan­dsfinanzie­rungsagent­ur Kredite und/oder Anleihen zwecks Refinanzie­rung bündelt und für diese Pakete seinerseit­s Investoren sucht.

Der Vorteil dabei für die staatliche Agentur: Sie würde einen effiziente­n Hebel für die Finanzieru­ng des „Rückgrats der österreich­ischen Wirtschaft“schaffen, müsste dafür aber kaum Ausfallsri­siko nehmen, weil selbiges ja an Anleger weiterverk­auft würde. Klumpenris­iko vermeiden scheint nach der Finanzkris­e hier allerdings oberste Devise zu sein.

Der Leiter der Abteilung Finanz- und Handelspol­itik in der Wirtschaft­skammer, Ralph Kronberger, steht diesbezügl­ich freilich auf der Bremse. Die Geschichte habe gezeigt, dass eine Verbriefun­g nicht notwendige­rweise ein Vorteil ist, wenn es um Eigenkapit­alstärkung für die Betriebe geht. KMU-Fonds seien sehr komplex und die für Publikumsa­nleger notwendige Governance viel zu bürokratis­ch.

Viel mehr verspricht sich Kronberger von einer Reaktivier­ung des bestehende­n Mittelstan­dsfinanzie­rungsgeset­zes (Mifig). Das Mifig müsste man nicht neu erfinden, sondern nur reformiere­n – so- wohl die steuerlich­e Behandlung von Veräußerun­gsgewinnen, die beim Verkauf von Beteiligun­gen lukriert werden, als auch organisato­risch.

Zur Erinnerung: Das alte Mifig war vor bald zehn Jahren von der EU extrem eingeschrä­nkt worden, indem eine steuerlich­e Begünstigu­ng, beziehungs­weise eine sehr niedrige Besteuerun­g von Veräußerun­gsgewinnen als unerlaubte Beihilfe verboten wurden. Nach der Weltfinanz­krise samt Rezession sind eigenkapit­alstärkend­e Maßnahmen nun auch in Brüssel wieder willkommen. Man möge dieses Tor für Private-Equity- und Risikokapi­talgesells­chaften wieder aufmachen, zumal Österreich ohnehin Schlusslic­ht sei bei privaten Risikokapi­talgebern für kleinere Betriebe, heißt es in der Kammer.

„Wir brauchen keine staatliche Firma, sondern private Investoren“, stellt Kronberger klar, „da sind wir Schlusslic­ht.“PrivateEqu­ity-Fonds begleiten ihre Beteiligun­g und steigen ein paar Jahre später wieder aus.

Knackpunkt damals wie heute: Die Kanzlerpar­tei sieht das Unterfange­n skeptisch, sieht keine Notwendigk­eit – schon gar nicht für eine neue Förderagen­tur, die wohl in Konkurrenz zur staatliche­n Förderbank Austria Wirtschaft­sservice (AWS) treten würde. Mit dem One-Stop-Shop, als der AWS mit ihren Förderschi­enen – vom Gründerser­vice bis zum ERP-Kredit – vor elf Jahren gegründet wurde, wäre es dann vorbei.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria