Heuer jährt sich zum dreißigsten Mal der Todestag des österreichischen Malers Johann Fruhmann. Die Galerie Kopriva in Krems zeigt bis Anfang Juli eine umfangreiche Retrospektive.
Wien/Krems – Kunst. Nichts als Kunst, genauer gesagt: Malerei von früher Jugend an. Voller Ernsthaftigkeit und gleichzeitig voll beschwingter Farben-, Formen- und, ja, heiterer Experimentierfreude. Und das zu einer Zeit, da allzu vielen noch allzu vieles als entartet galt, die Zeitgeschichte mit der Moderne kollidierte und abstrakte Maler mitunter sogar tätlich angegriffen wurden. Selbst Van Gogh und Cézanne, Picasso sowieso, verstörten das (Nachkriegs-)Publikum noch als zu modern, zu verwegen, zu hässlich.
Österreichische Künstler, so resümierte der Sammler Rudolf Leopold später, waren während der Kriegszeit von der Welt abgeschnitten: „Der anderswo längst stattgefundene Aufbruch in die Moderne ist ihnen zunächst unbekannt geblieben.“Doch Johann Fruhmann war ein früh Suchender; ein Unbeirrbarer, dessen Werk gerade auch aus heutiger Sicht von Anfang an den Weg in die internationale Gegenwart weist.
Erst fünfzehnjährig, noch während des Krieges, begann Fruhmann 1943 sein Studium an der Grazer Kunstgewerbeschule bei Fritzl Silberbauer und, vor allem, bei Alfred Wickenburg, seinem vermutlich wohl wichtigsten Mentor und lebenslangen Vorbild.
Der junge Künstler beschäftigte sich mit Proportions- und Bewegungsstudien des menschlichen Körpers, als er 1948 an die Wiener Akademie der bildenden Künste zu Robin Christian Andersen und Albert Paris Gütersloh wechselte. Unter Güterslohs Präsidentschaft hatten sich im Jahr eins nach Kriegsende Maler, Musiker, Bildhauer und Dichter zum legendä- ren Art Club formiert, der die abstrakte Malerei und die gesellschaftliche Unangepasstheit nach der Naziherrschaft proklamierte.
1951, mit nur 23 Jahren, wurde der in Weißenstein in Kärnten geborene Maler Johann Fruhmann Mitglied; im Jahr darauf fand seine erste Einzelausstellung im Art Club statt. Damals hatte das „Naturtalent“, wie Peter Baum später schreiben sollte, seinen frühen, reduzierten Aktzeichnungen längst geometrische Kompositionen folgen lassen, Materialcollagen wie seine Drahtbilder, die von feinfühligem Verständnis für Material und Form zeugten.
„Fruhmann“, schrieb Wilfried Skreiner in einem Katalogvorwort 1984, „hat durch alle Jahre seines Lebens die Welt farbig und in strenge Formen gebannt erlebt und gestaltet.“
1957 gestaltete er das Mosaik an der Wiener Stadthalle, sieben Jahre später das Mosaik am Österreichischen Pavillon bei der Weltausstellung in New York. Fruhmann, Secessionsmitglied und Träger des Österreichischen Staatspreises für Malerei (1965), beschäftigte sich mit den künstlerischen Grundfragen, mit dem Verhältnis von Licht, Farbe, Form, Raum; ihn interessierten Harmonien und Kontraste, Texturen, Oberflächen und Materialien.
Malte er zunächst großflächig, mit breitem Pinsel, so schuf er später fein nuancierte Kringel und Kräusel, um eine Farbsäule tänzelnde, übereinander gelagerte Linien in zarten Mischtönen aus Rosa, Violett, Orange, Schwarzgrau, Grün, Ocker und Weiß.
„Als behender Schlagzeuger zaubert er mit zwei Pinseln auf zwei Trommeln – links ein Tusch, rechts ein Tusch – lautlos, mit fabelhaftem Drive. Und dazwischen bleibt immer eine magische Kluft, illuminiert, anziehend. Eine zitternde Pforte ins Arkadische, aber sie bleibt geheimnisvoll geschlossen“, schrieb Alfred Schmeller, von 1969 bis 1979 Direktor des noch jungen Museums des 20. Jahrhunderts: „Die Malerhand zeichnet etwa den Weg nach, den ein Insekt, eine Lichtquelle umschwirrend, zurücklegt. Schmetterlingshafte Berührungen. Entomologische Erotik.“(Der Text ist in der von Manfred Kopriva herausgegebenen, aufschlussreichen Monografie anlässlich einer Fruhmann-Schau 2005 im Leopold Museum veröffentlicht.)
Der expressiven Geste misstraute der Verfechter der reinen, absoluten Malerei. Action Painting habe ihn verzweifeln lassen, zitierte ihn seine Frau und Kollegin, die Künstlertochter Christa Hauer (1925–2013), die Fruhmann 1957 geheiratet hatte: „Da muss doch eine Form sein, eine Komposition, man kann doch nicht einfach so dahinschmieren.“
Nach seinem frühen Tod 1985 geriet Fruhmann zunehmend in Vergessenheit. Die Kremser Galerie Kopriva bemüht sich, ihn als einen der bedeutendsten abstrakten Maler wieder ins kollektive Kunstbewusstsein zurückzuholen, bis 4. Juli etwa mit einer umfassenden Retrospektive. Für die Vervollständigung des Werkverzeichnisses wird um Hinweise und Informationen gebeten. Galerie Kopriva, Dominikanerplatz 1, 3500 Krems. Di–Fr 10–12 u. 14–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr , Telefon: +43/2732/70 676 p www.kopriva-kunst.com