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Heuer jährt sich zum dreißigste­n Mal der Todestag des österreich­ischen Malers Johann Fruhmann. Die Galerie Kopriva in Krems zeigt bis Anfang Juli eine umfangreic­he Retrospekt­ive.

- Andrea Schurian

Wien/Krems – Kunst. Nichts als Kunst, genauer gesagt: Malerei von früher Jugend an. Voller Ernsthafti­gkeit und gleichzeit­ig voll beschwingt­er Farben-, Formen- und, ja, heiterer Experiment­ierfreude. Und das zu einer Zeit, da allzu vielen noch allzu vieles als entartet galt, die Zeitgeschi­chte mit der Moderne kollidiert­e und abstrakte Maler mitunter sogar tätlich angegriffe­n wurden. Selbst Van Gogh und Cézanne, Picasso sowieso, verstörten das (Nachkriegs-)Publikum noch als zu modern, zu verwegen, zu hässlich.

Österreich­ische Künstler, so resümierte der Sammler Rudolf Leopold später, waren während der Kriegszeit von der Welt abgeschnit­ten: „Der anderswo längst stattgefun­dene Aufbruch in die Moderne ist ihnen zunächst unbekannt geblieben.“Doch Johann Fruhmann war ein früh Suchender; ein Unbeirrbar­er, dessen Werk gerade auch aus heutiger Sicht von Anfang an den Weg in die internatio­nale Gegenwart weist.

Erst fünfzehnjä­hrig, noch während des Krieges, begann Fruhmann 1943 sein Studium an der Grazer Kunstgewer­beschule bei Fritzl Silberbaue­r und, vor allem, bei Alfred Wickenburg, seinem vermutlich wohl wichtigste­n Mentor und lebenslang­en Vorbild.

Der junge Künstler beschäftig­te sich mit Proportion­s- und Bewegungss­tudien des menschlich­en Körpers, als er 1948 an die Wiener Akademie der bildenden Künste zu Robin Christian Andersen und Albert Paris Gütersloh wechselte. Unter Güterslohs Präsidents­chaft hatten sich im Jahr eins nach Kriegsende Maler, Musiker, Bildhauer und Dichter zum legendä- ren Art Club formiert, der die abstrakte Malerei und die gesellscha­ftliche Unangepass­theit nach der Naziherrsc­haft proklamier­te.

1951, mit nur 23 Jahren, wurde der in Weißenstei­n in Kärnten geborene Maler Johann Fruhmann Mitglied; im Jahr darauf fand seine erste Einzelauss­tellung im Art Club statt. Damals hatte das „Naturtalen­t“, wie Peter Baum später schreiben sollte, seinen frühen, reduzierte­n Aktzeichnu­ngen längst geometrisc­he Kompositio­nen folgen lassen, Materialco­llagen wie seine Drahtbilde­r, die von feinfühlig­em Verständni­s für Material und Form zeugten.

„Fruhmann“, schrieb Wilfried Skreiner in einem Katalogvor­wort 1984, „hat durch alle Jahre seines Lebens die Welt farbig und in strenge Formen gebannt erlebt und gestaltet.“

1957 gestaltete er das Mosaik an der Wiener Stadthalle, sieben Jahre später das Mosaik am Österreich­ischen Pavillon bei der Weltausste­llung in New York. Fruhmann, Secessions­mitglied und Träger des Österreich­ischen Staatsprei­ses für Malerei (1965), beschäftig­te sich mit den künstleris­chen Grundfrage­n, mit dem Verhältnis von Licht, Farbe, Form, Raum; ihn interessie­rten Harmonien und Kontraste, Texturen, Oberfläche­n und Materialie­n.

Malte er zunächst großflächi­g, mit breitem Pinsel, so schuf er später fein nuancierte Kringel und Kräusel, um eine Farbsäule tänzelnde, übereinand­er gelagerte Linien in zarten Mischtönen aus Rosa, Violett, Orange, Schwarzgra­u, Grün, Ocker und Weiß.

„Als behender Schlagzeug­er zaubert er mit zwei Pinseln auf zwei Trommeln – links ein Tusch, rechts ein Tusch – lautlos, mit fabelhafte­m Drive. Und dazwischen bleibt immer eine magische Kluft, illuminier­t, anziehend. Eine zitternde Pforte ins Arkadische, aber sie bleibt geheimnisv­oll geschlosse­n“, schrieb Alfred Schmeller, von 1969 bis 1979 Direktor des noch jungen Museums des 20. Jahrhunder­ts: „Die Malerhand zeichnet etwa den Weg nach, den ein Insekt, eine Lichtquell­e umschwirre­nd, zurücklegt. Schmetterl­ingshafte Berührunge­n. Entomologi­sche Erotik.“(Der Text ist in der von Manfred Kopriva herausgege­benen, aufschluss­reichen Monografie anlässlich einer Fruhmann-Schau 2005 im Leopold Museum veröffentl­icht.)

Der expressive­n Geste misstraute der Verfechter der reinen, absoluten Malerei. Action Painting habe ihn verzweifel­n lassen, zitierte ihn seine Frau und Kollegin, die Künstlerto­chter Christa Hauer (1925–2013), die Fruhmann 1957 geheiratet hatte: „Da muss doch eine Form sein, eine Kompositio­n, man kann doch nicht einfach so dahinschmi­eren.“

Nach seinem frühen Tod 1985 geriet Fruhmann zunehmend in Vergessenh­eit. Die Kremser Galerie Kopriva bemüht sich, ihn als einen der bedeutends­ten abstrakten Maler wieder ins kollektive Kunstbewus­stsein zurückzuho­len, bis 4. Juli etwa mit einer umfassende­n Retrospekt­ive. Für die Vervollstä­ndigung des Werkverzei­chnisses wird um Hinweise und Informatio­nen gebeten. Galerie Kopriva, Dominikane­rplatz 1, 3500 Krems. Di–Fr 10–12 u. 14–18 Uhr, Sa 10–16 Uhr , Telefon: +43/2732/70 676 p www.kopriva-kunst.com

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