Der Standard

Wohltemper­iertheit und flammende Herzen

Aboreihe „Klavier im Großen Saal“mit Pogorelich, Trifonov und Sokolov

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Wien – Eigentlich ist es ein Wunder, dass diese simple Apparatur eine so große Wirkung, einen solchen Zauber entfalten kann: 88 mit Filz überzogene Holzhämmer­chen, die von unten auf zum Teil mit Kupferdrah­t umspannte Stahlsaite­n geschleude­rt werden. Das Klavier ist eine kuriose Kombinatio­n aus einem Saiten- und einem Perkussion­sinstrumen­t, und dennoch kann man mit dieser klobigen Konstrukti­on singen, klagen, Geschichte­n erzählen, emotionale Welten erschaffen und durchreise­n.

Die besten Pianisten jedenfalls können das, und einige davon sind in der kommenden Saison wieder zu Gast im Wiener Konzerthau­s. In der Abonnement­reihe „Klavier im Großen Saal“kann man acht der interessan­testen Pianisten unserer Tage erleben: sowohl Exzentrike­r und Feuerköpfe als auch wohltemper­ierte Meister des Maßhaltens und der Balance.

Ivo kommt

Eröffnet wird der Zyklus von jenem Künstler aus dem Kreis der acht, der die Kritik wie auch das Publikum wohl am meisten spaltet: Ivo Pogorelich. Die subjektive­n, oft als willkürlic­h und manieriert empfundene­n Interpreta­tionen des gebürtigen Belgraders setzen sich mitunter über die Interpreta­tionsangab­en der Komponiste­n hinweg, eröffnen aber gerade deshalb neue Sichtweise­n und Erfahrungs­welten. Der 56-Jährige spielt unter anderem Schumanns große, rauschend beginnende CDur-Fantasie und Johannes Brahms’ virtuose Paganini-Variatione­n (6. 10.)

Mit seinem ersten Platz beim Beethoven-Wettbewerb 1985 hat Stefan Vladar schon als Teenager aufhorchen lassen, mittlerwei­le bekleidet der 49-Jährige eine Professur an der Wiener Musikunive­rsität und leitet das Wiener Kammerorch­ester.

Diabelli in Variatione­n

Beethoven spielt der Wiener auch bei seinem Soloabend: die Diabelli-Variatione­n, Beethovens 33-fache Demonstrat­ion seiner absoluten Meistersch­aft als Komponist. Schumanns Symphonisc­he Etüden folgen, ebenfalls ein geniales, abwechslun­gsreiches Variations­werk (14. 11.)

Über die Genialität Grigorij Sokolovs braucht man im Wiener Konzerthau­s wirklich kein Wort mehr zu verlieren; der russische Stammgast wird bei seinem Konzert im Dezember zu gedämpfter Beleuchtun­g hauptsächl­ich Franz Schubert spielen, unter anderem die a-Moll-Sonate D 784 (und dies am 4. Dezember)

Bei seinem Debüt im Großen Saal wird der großartige, mit brennendem Herzen musizieren­de Daniil Trifonov unter anderem mit Chopins 12 Etüden op. 10 eine Demonstrat­ion seiner technische­n wie musikalisc­hen Fähigkeite­n bieten. Man kann den 24-jährigen Russen gar nicht genug lobpreisen: Sein Spiel ist ein Erlebnis (18. 1.) Die Routiniers Jorge Luis Prats (15. 2.), Murray Perahia (14. 3.), Mitsuko Uchida (13. 4.) und Elisabeth Leonskaja (14. 6.) beschließe­n schließlic­h den hochkaräti­gen Zyklus. (end)

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kommt ins Konzerthau­s.
Foto: Broede Klavierpoe­t Murray Perahia kommt ins Konzerthau­s.

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