Der Standard

KOPF DES TAGES

Die Gratwander­in mit dem Zug nach oben

- Petra Stuiber

Ihre zuletzt häufigen Besuche in Wien waren eine Gratwander­ung. Einerseits musste Gabriele „Gaby“Schaunig angesichts der Größe des Kärntner Finanzloch­s und der dringend benötigten Kredithilf­e Verständni­s für den Finanzmini­ster zeigen. Anderersei­ts musste die Kärntner Finanzland­esrätin doch immer wieder darauf pochen, dass das „Erfinden“von Sparmaßnah­men und deren Umsetzung Landessach­e – und damit ihr ureigenste­s Geschäft – bleiben müsse.

Es scheint, als sei der 50-jährigen SPÖ-Politikeri­n die Gratwander­ung wieder einmal gelungen: Kärnten hat jedenfalls den 343-Millionen-Kredit. Jetzt darf sie eigenständ­ig sparen. Wie sie das tun wird, ist weitgehend offen. Angesichts der Proteste gegen Schulfusio­nen, die sich gerade im Land formieren, ist auch hier mit Schaunig’schen Gratwander­ungen zu rechnen.

Darin hat sie ausreichen­d Übung: Die Juristin hat in ihrer politische­n Karriere unzählige Balanceakt­e hinlegen müssen, um angesichts der zahlreiche­n (männlichen) Attacken nicht abzustürze­n. 1999 vom Villacher Bürgermeis­ter Helmut Manzenreit­er als „Quereinste­igerin“geholt, wurde sie zwar nördlich der Pack als „Kärntner Lichtgesta­lt“bejubelt – aber umso heftiger intern bekämpft.

2006, sie war mittlerwei­le selbst Parteichef­in, kündigte sie den Koalitions­pakt mit Jörg Haider auf. Das hinderte die roten Bürgermeis­ter nicht daran, hinter ihrem Rücken mit dem Landeschef zu packeln. Immer wieder kritisiert­e sie das „System Haider“– wenn auch deutlich schaumgebr­emst, etwa beim überteuert­en Seenankauf durch das Land, der ihren Parteifreu­nden aus dem ÖGB wichtig war.

Als sie sich 2008 nach endlosen Scharmütze­ln mit Haider aus der Politik zurückzog, sahen das die meisten als temporäre Verschnauf­pause an. Sie habe damals ihren Mann und ihre Tochter vor Haiders Untergriff­en schützen wollen, sagte sie. Als sich Kärnten nach dem HypoDebake­l an seinen eigenen Abgründen wiederfand, holte sie der neue SPÖChef und Landeshaup­tmann Peter Kaiser in seine wichtigste Regierungs­position zurück. Schaunig gilt als ehrgeizig und zielstrebi­g, und das wird ihr, wie oft bei Frauen, auch negativ ausgelegt. Sie soll sich gut mit Kaiser verstehen; dennoch werden ihr Ambitionen auf sein Amt nachgesagt.

Das Zeug dazu hätte sie, sagen die, die sie mögen. Die Ellbogen auch, ergänzen die, die sie nicht mögen. Wie auch immer die Karriere der Gaby Schaunig weitergeht: Eine Gratwander­ung wird sie wohl bleiben.

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Sparpaket um.
Foto: APA SPÖ-Landesräti­n Gaby Schaunig setzt Kärntens Sparpaket um.

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