Sinkende Beteiligung trotz ÖH-Wahlreform
325.000 Studierende waren in den vergangenen Tagen dazu aufgerufen, ihre Vertretung zu bestimmen. Erstmals wählten alle Hochschulen gleichzeitig und direkt. Die erhoffte Steigerung der Wahlbeteiligung blieb aus.
Wien – Eine lange Schlange zieht sich Donnerstagvormittag durch den Audimaxgang der Universität Wien. Die Studierenden, die hier anstehen, wollen an die Urne schreiten und die Studienvertretung Germanistik wählen. Am dritten und letzten Tag der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) zeichnet sich aber nicht überall ein solches Bild ab: An der Fachhochschule Wien ist es eher leer. Dabei durften die FHStudierenden heuer erstmals alle Ebenen der ÖH nach demselben Wahlrecht wie die Universitäten wählen. Etwa 13 Prozent sind dem bis Donnerstagmittag an der FH Wien auch nachgekommen.
Auch bei der Webster Privatuniversität zeigte sich ein ähnliches Bild: Zu Wahlschluss um 13 Uhr hatten 28 der rund 451 Studierenden ihre Stimme abgegeben – was einer Wahlbeteiligung von sechs Prozent entspricht.
Durch das neue Hochschülerschaftsgesetz waren diesmal 325.000 Studierende an 22 Universitäten, 21 Fachhochschulen, 14 Pädagogischen Hochschulen und zwölf Privatuniversitäten wahlberechtigt. Zum ersten Mal seit zehn Jahren können die Studierenden neben den lokalen Studienrichtungs- und Hochschulvertretungen auch die höchste Ebene wieder direkt wählen: die Bundesvertretung. Zudem wurde zum ersten Mal bei einer Hochschülerschaftswahl die Möglichkeit zur Briefwahl eingeräumt. Insgesamt elf Fraktionen standen für die 55 Mandate in der Bundesvertretung zur Wahl.
Erhoffte Steigerung blieb aus
Zu Redaktionsschluss Donnerstagnachmittag zeichnete sich trotz der Wahlreform ab, dass die erhoffte Steigerung der Wahlbeteiligung durch Direktwahl und Briefwahl ausblieb – und die Beteiligung sogar noch weiter sank.
Als einen möglichen Grund dafür vermutet die Hochschülerschaft, dass sich Uni-Studierende häufiger an den Wahlen beteiligen wie die Studierenden anderer Hochschulen, die diesmal erstmals ÖH-wahlberechtigt waren.
Seit den 70er Jahren bewegt sich die Beteiligung um die 30 Prozent, 2013 nutzen 28 Prozent ihr Wahlrecht. Dass die erhoffte Steigerung der Wahlbeteiligung ausblieb, kommentierte Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gegenüber dem STANDARD: „Wir haben als Gesetzgeber im Vorfeld die rechtlichen Möglichkeiten geschaffen, um die Wahl attraktiver und transparenter zu gestalten, allerdings müssen die Studierenden diese Instrumente auch nutzen“. Den Fraktionen sei es seiner Einschätzung nach „trotz dieser neuen Möglichkeiten nicht gelungen, mehr Studierende als in der Vergangenheit für die Wahl zu mobilisieren“.
Zum Ablauf der Wahl selbst zog Julia Freidl vom Verband Sozialistischer Studierender (VSStÖ) aus noch amtierenden Vorsitzteam Donnerstagnachmittag eine erste Bilanz: „Die ÖH-Wahlen sind ohne groben Pannen verlaufen.“Dazu, dass die neue Briefwahl nur von knapp 3000 Studierenden genutzt worden ist, sagte sie: „Hier gibt es noch Luft nach oben.“
Das Bundesergebnis zum Wahlausgang lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor. Bei der letzten Wahl 2013 erhielt die Aktionsgemeinschaft mit 27 Prozent die meisten Stimmen bundesweit. „Dass ich gerne die Aktionsgemeinschaft in gestaltender Rolle sehen würde, ist kein Geheimnis“, sagte Mitterlehner. Aus „demokratiepolitischer Sicht“sollte jedenfalls die stärkste Fraktion seiner Meinung nach in der Bundesvertretung vertreten sein. Die bisherige Exekutive bildeten die Fachschaftslisten (FLÖ) gemeinsam mit den Grünen und Alterna- tiven Studierenden (Gras), dem VSStÖ und der Fraktion Engagierter Studierender (Fest). Die FLÖ und der VSStÖ kamen 2013 jeweils auf 17 Prozent, knapp gefolgt von den Gras mit 16 Prozent. Die Julis, die bei dieser Wahl als Junos antreten, erzielten 2013 sechs Prozent der Stimmen.
Zittern um Einzug
Der Ring Freiheitlicher Studierender, der Kommunistische Studierendenverband, der KSV Linke Liste und die Piraten erzielten jeweils zwei Prozent, die Fest 1,6 Prozent. Da nach dem neuen Wahlrecht rund zwei Prozent für ein Mandat in der Bundesvertretung notwendig sind, musste die Fest bis zuletzt um ihren Verbleib in der Bundesvertretung zittern. p Nachlese und alle Ergebnisse auf:
derStandard.at/Bildung