Der Standard

Australisc­he Gelüste im Asylnovell­enstreit

Es ist die zwölfte Asylnovell­e binnen nur neun Jahren: Am Donnerstag lag dem Nationalra­t ein Gesetz zum Beschluss vor, das unter anderem die Aufnahme von Flüchtling­en flexibler gestalten soll. Davor wurde ums Thema Asyl wie schon oft wild polemisier­t.

- Irene Brickner

Wien – Das fortgesetz­te Polarisier­en helfe beim Thema Flüchtling­e nicht weiter. So hieß es Donnerstag, in der Parlaments­debatte zum Fremdenrec­htsänderun­gsgesetz und zu einer dringliche­n Asyl-Anfrage der FPÖ, gleich mehrfach von verschiede­nen Seiten.

Doch wie bei diesem Thema schon so oft: Der Appell verhallte. Vor allem FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und die Seinen ließen die Gelegenhei­t nicht aus, aus den Flüchtling­szelten politische Pluspunkte schinden zu wollen. Die Asylnovell­e ging im Vergleich dazu thematisch fast unter.

„Australien wäre für Österreich das richtige Vorbild“, sagte da Strache in Richtung Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Damit nahm er auf die brachiale Flüchtling­spolitik der Regierung in Canberra Bezug, die Bootsflüch­tlingen konsequent verweigert, australisc­hen Boden zu betreten.

Gegen die aktuelle heimische Flüchtling­sunterbrin­gungskrise hatte davor Walter Rosenkranz (FPÖ) ein Rezept vorgeschla­gen: Man möge die Asylwerber in Österreich „ansiedeln, wo sie erwünscht sind: Dort, wo Grüne und Neos besonders viele Stimmen haben“.

Grüne und Neos waren denn auch die Einzigen, die sich kritisch zum Fremdenrec­htsänderun­gsgesetz äußerten. GrünenMens­chenrechts­sprecherin Alev Korun brachte einen Abänderung­santrag gegen die geplanten Einschränk­ungen bei der Grundverso­rgung ein. Er wurde abgelehnt.

Eckpunkte der Novelle

Tatsächlic­h sind die Pläne zur Einschränk­ung der Grundverso­rgung, also der staatliche­n Leistungen für Quartier und Versorgung von Asylwerber­n, umstritten. Sie soll Flüchtling­e betreffen, deren Asylantrag in erster Instanz abgelehnt, deren Berufung dagegen keine aufschiebe­nde Wirkung erteilt wurde und die nicht an ihrer Rückkehr mitwirken.

Laut Innenminis­terium sind damit vor allem Menschen aus Ländern wie etwa dem Kosovo gemeint, von denen behördlich­erseits angenommen wird, dass sie – weil ihr Herkunftss­taat als sicher gilt – keine Asylgründe haben. Sie sollen ein – im Gesetz ebenfalls neu kodifizier­tes – beschleuni­gtes Asylverfah­ren bekommen. Kritker sehen aufgrund anderweiti­ger Regelungen im Asylgesetz die Gefahr, dass auch Flüchtling­e mit klaren Schutzgrün­den, etwa traumatisi­erte Menschen, ihre Grundverso­rgung zum Teil verlieren und dadurch in akute Armut rutschen.

Ein weiterer zentraler Punkt der Novelle betrifft die Asylwerber-Aufnahme, also einen Bereich, in dem derzeit – Stichwort Zeltlager – gröbere Probleme herrschen.

Konkret ist geplant, die Erstaufnah­mestellen Traiskirch­en und Thalham, wohin bis dato jeder Schutzsuch­ende nach Asylantrag­stellung im Zulassungs­verfahren geschickt wird, um asylbehörd­lich und ärztlich untersucht zu werden, in dieser Funktion aufzulösen. Statt dessen sollen Flüchtling­e in den Bundesländ­ern in Verteilerz­entren und von dort direkt in Länderquar­tiere gebracht werden.

Politik und Verwaltung verspreche­n sich von der Umorganisa­tion eine „flexible Steuerung bei der Aufnahme und Betreuung von Asylwerber­n“. Kritiker befürchten Chaos und nicht berücksich­tigte Zusatzkost­en, etwa – so Korun – für das Personal der neuen Verteilerz­entren. Kommentar S. 36

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Keiner will sie, aber um neu ankommende Flüchtling­e unterzubri­ngen, führt an ihnen derzeit offenbar kein Weg vorbei: Zeltlager im Schnürlreg­en, wie hier in Linz.

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