Das Geld liegt auf der Einkaufsstraße
Unzählige Jungunternehmer versuchen derzeit im Bereich Finanzdienstleistungen ihr Glück. Die jeweiligen Geschäftsmodelle variieren zwar recht deutlich, ein Ziel verfolgen sie aber letztlich alle: die Dominanz der Banken zu brechen.
Wien/Berlin/Helsinki – Sie nennen sich KWallet, Savedo oder Holvi, und sie sind die jungen Wilden der Finanzbranche. Zu hunderten schießen diese sogenannten Fintechs weltweit aus dem Boden, und sie treten an, um die Dominanz der klassischen Banken im Zahlungsverkehr zu brechen. Damit sind sie keinesfalls allein, denn auch vergleichsweise alteingesessene Unternehmen wie Apple oder die Internetriesen Google und Facebook haben längst ein begehrliches Auge auf dieses Geschäftsfeld geworfen.
Wobei es Letzteren nicht primär darum geht, sich mit dem „Groscherlgeschäft“Zahlungsverkehr eine goldene Nase zu verdienen. Vielmehr ist es bei deren ohnedies auf Datensammeln ausgelegten Geschäftsmodellen sozusagen die Königsdisziplin, wenn nun auch Informationen aus dem persönlichen Zahlungsverkehr die Userprofile aufwerten. Schließlich lassen sich gezieltere Werbeplatzierungen teurer verkaufen, aber auch der zusätzliche Traffic auf den Seiten der Internetkonzerne ist willkommen.
Genau in diesem Punkt will sich Markus Lobmaier, Gründer und Geschäftsführer des Wiener Startups KWallet, abheben. Bei seinem gleichnamigen Produkt zur mobilen Abwicklung des Zahlungsverkehrs liegen sensible Daten nur dort gespeichert, wo sie derzeit auch schon aufscheinen, nämlich „in der zertifizierten Infrastruktur von Banken und Kreditkartenfirmen“, wie Lobmaier im Gespräch mit dem STANDARD erklärt. „In den Zahlungsverkehr sind wir nicht direkt involviert, wir sind keine Bank.“
Geldbörserl zum Runterladen
Konkret handelt es sich bei KWallet um eine SmartphoneApp. Diese übernimmt die Funktion einer Brieftasche, in die Kunden ihre Kredit- und Kundenkarten einspeisen können, um damit bargeldlos per Datenübertragung zu bezahlen – sofern der Händler oder das Restaurant über das softwaremäßige Gegenstück verfügen, also gewissermaßen die Registrierkasse am Mobiltelefon. Kauf, Miete oder Installation teurer Hardware wie eines Terminals entfallen, stattdessen fällt ein geringer Prozentsatz des zu bezahlenden Betrags als Gebühr an. „Der Händler zahlt nur, wenn es zu einer Transaktion kommt“, betont Lobmaier.
Ausgerichtet ist das Produkt in der Anlaufphase auf „trendige“Händler oder Lokale sowie kundenseitig auf junge Erwachsene, die unterwegs schnell und unkompliziert bezahlen wollen. Eine integrierte Map zeigt den Standort der bisher rund 50 Unternehmen, die KWallet unterstützen. Eine Umsatzsteuerrechnung fürs Kundentelefon sowie ein Bonuspunkteprogramm sind in Arbeit.
„Derzeit setzen wir den ersten Schritt, um Erfahrungen im Markt zu sammeln“, lässt sich Lobmaier in die Karten blicken. Dafür seien bisher vier Millionen Euro investiert worden, die von sogenannten Business Angels, also betuchten Privatpersonen, stammen. Attraktiv erscheinen Investments in diesem Bereich durch die erwarteten Steigerungsraten: Laut dem Consulter Aite Group wurden im Vorjahr insgesamt 3,2 Milliarden USDollar mobil bezahlt, bis 2020 soll der Betrag bis auf 487 Milliarden ansteigen. „Wir haben auch eine Internationalisierungsstrategie und gehen 2016 ins Ausland. Besonders Deutschland, Spanien und Großbritannien haben wir am Radar.“
Höhere Zinsen für Kerneuropa
Die deutsche Savedo nutzt hingegen Zinsunterschiede in Europa für ihr Geschäftsmodell. „In den kerneuropäischen Ländern bekommt man fast gar nichts mehr auf das Ersparte“, erklärt Geschäftsführer Christian Tiessen. Savado bietet über Partnerbanken in EU-Ländern, die über eine staatliche Einlagensicherung verfügen, für Beträge bis 100.000 Euro höhere Zinsen für Festgeld an. Bei einjähriger Bindung liegt das Angebot derzeit bei 1,8 Prozent Verzinsung. „Für Kunden ist das Angebot kostenlos“, hebt Tiessen hervor, „Savedo erhält nur eine Vermittlungsprovision von der Partnerbank.“
Mit Dienstleistungen für kleine und Kleinstunternehmen will hingegen die in Finnland ansässige Holvi punkten. Von der finnischen Finanzmarktaufsicht als Zahlungsinstitut autorisiert werden bankunabhängige Konten angeboten, die Funktionen E-Commerce, Rechnungslegung und Financial Reporting beinhalten.
Leicht wird es die Flut an Startups jedenfalls nicht haben. Einerseits stehen sie mit den InternetBranchengrößen im Wettbewerb, auf der anderen Seite werden auch die Banken das Feld mit Sicherheit nicht freiwillig räumen.