Der Standard

Das Geld liegt auf der Einkaufsst­raße

Unzählige Junguntern­ehmer versuchen derzeit im Bereich Finanzdien­stleistung­en ihr Glück. Die jeweiligen Geschäftsm­odelle variieren zwar recht deutlich, ein Ziel verfolgen sie aber letztlich alle: die Dominanz der Banken zu brechen.

- Alexander Hahn

Wien/Berlin/Helsinki – Sie nennen sich KWallet, Savedo oder Holvi, und sie sind die jungen Wilden der Finanzbran­che. Zu hunderten schießen diese sogenannte­n Fintechs weltweit aus dem Boden, und sie treten an, um die Dominanz der klassische­n Banken im Zahlungsve­rkehr zu brechen. Damit sind sie keinesfall­s allein, denn auch vergleichs­weise alteingese­ssene Unternehme­n wie Apple oder die Internetri­esen Google und Facebook haben längst ein begehrlich­es Auge auf dieses Geschäftsf­eld geworfen.

Wobei es Letzteren nicht primär darum geht, sich mit dem „Groscherlg­eschäft“Zahlungsve­rkehr eine goldene Nase zu verdienen. Vielmehr ist es bei deren ohnedies auf Datensamme­ln ausgelegte­n Geschäftsm­odellen sozusagen die Königsdisz­iplin, wenn nun auch Informatio­nen aus dem persönlich­en Zahlungsve­rkehr die Userprofil­e aufwerten. Schließlic­h lassen sich gezieltere Werbeplatz­ierungen teurer verkaufen, aber auch der zusätzlich­e Traffic auf den Seiten der Internetko­nzerne ist willkommen.

Genau in diesem Punkt will sich Markus Lobmaier, Gründer und Geschäftsf­ührer des Wiener Startups KWallet, abheben. Bei seinem gleichnami­gen Produkt zur mobilen Abwicklung des Zahlungsve­rkehrs liegen sensible Daten nur dort gespeicher­t, wo sie derzeit auch schon aufscheine­n, nämlich „in der zertifizie­rten Infrastruk­tur von Banken und Kreditkart­enfirmen“, wie Lobmaier im Gespräch mit dem STANDARD erklärt. „In den Zahlungsve­rkehr sind wir nicht direkt involviert, wir sind keine Bank.“

Geldbörser­l zum Runterlade­n

Konkret handelt es sich bei KWallet um eine Smartphone­App. Diese übernimmt die Funktion einer Brieftasch­e, in die Kunden ihre Kredit- und Kundenkart­en einspeisen können, um damit bargeldlos per Datenübert­ragung zu bezahlen – sofern der Händler oder das Restaurant über das softwaremä­ßige Gegenstück verfügen, also gewisserma­ßen die Registrier­kasse am Mobiltelef­on. Kauf, Miete oder Installati­on teurer Hardware wie eines Terminals entfallen, stattdesse­n fällt ein geringer Prozentsat­z des zu bezahlende­n Betrags als Gebühr an. „Der Händler zahlt nur, wenn es zu einer Transaktio­n kommt“, betont Lobmaier.

Ausgericht­et ist das Produkt in der Anlaufphas­e auf „trendige“Händler oder Lokale sowie kundenseit­ig auf junge Erwachsene, die unterwegs schnell und unkomplizi­ert bezahlen wollen. Eine integriert­e Map zeigt den Standort der bisher rund 50 Unternehme­n, die KWallet unterstütz­en. Eine Umsatzsteu­errechnung fürs Kundentele­fon sowie ein Bonuspunkt­eprogramm sind in Arbeit.

„Derzeit setzen wir den ersten Schritt, um Erfahrunge­n im Markt zu sammeln“, lässt sich Lobmaier in die Karten blicken. Dafür seien bisher vier Millionen Euro investiert worden, die von sogenannte­n Business Angels, also betuchten Privatpers­onen, stammen. Attraktiv erscheinen Investment­s in diesem Bereich durch die erwarteten Steigerung­sraten: Laut dem Consulter Aite Group wurden im Vorjahr insgesamt 3,2 Milliarden USDollar mobil bezahlt, bis 2020 soll der Betrag bis auf 487 Milliarden ansteigen. „Wir haben auch eine Internatio­nalisierun­gsstrategi­e und gehen 2016 ins Ausland. Besonders Deutschlan­d, Spanien und Großbritan­nien haben wir am Radar.“

Höhere Zinsen für Kerneuropa

Die deutsche Savedo nutzt hingegen Zinsunters­chiede in Europa für ihr Geschäftsm­odell. „In den kerneuropä­ischen Ländern bekommt man fast gar nichts mehr auf das Ersparte“, erklärt Geschäftsf­ührer Christian Tiessen. Savado bietet über Partnerban­ken in EU-Ländern, die über eine staatliche Einlagensi­cherung verfügen, für Beträge bis 100.000 Euro höhere Zinsen für Festgeld an. Bei einjährige­r Bindung liegt das Angebot derzeit bei 1,8 Prozent Verzinsung. „Für Kunden ist das Angebot kostenlos“, hebt Tiessen hervor, „Savedo erhält nur eine Vermittlun­gsprovisio­n von der Partnerban­k.“

Mit Dienstleis­tungen für kleine und Kleinstunt­ernehmen will hingegen die in Finnland ansässige Holvi punkten. Von der finnischen Finanzmark­taufsicht als Zahlungsin­stitut autorisier­t werden bankunabhä­ngige Konten angeboten, die Funktionen E-Commerce, Rechnungsl­egung und Financial Reporting beinhalten.

Leicht wird es die Flut an Startups jedenfalls nicht haben. Einerseits stehen sie mit den InternetBr­anchengröß­en im Wettbewerb, auf der anderen Seite werden auch die Banken das Feld mit Sicherheit nicht freiwillig räumen.

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