Zu schön, um wertlos zu sein
Einst haben sie die Welt bewegt. Heute erzählen sie Geschichten von Profitgier und Pleiten, von Kunst, Kultur und Kriegen. Für historische Wertpapiere wird längst kein Börsenkurs mehr ermittelt, doch die sogenannten Nonvaleurs sind alles andere als nichti
Wien – Dürftig, substanz- und farblos. Die Welt der Wertpapiere von heute. Eigentlich existieren sie ja gar nicht. All die Aktien, Anleihen, Anteilscheine, Pfandbriefe, Genussscheine, Schuldverschreibungen, die in gewaltiger Geschwindigkeit über den Globus gehandelt werden.
Schließlich sind sie nurmehr virtuell, simulierte Wirklichkeit in einem riesigen Serversystem, maximal ein Depotauszug. Wer eine neue Aktie erwirbt, kann davon ausgehen, sie nie physisch in Händen zu halten.
Dass früher alles besser war, stimmt sicher nicht. Doch in diesem Fall lässt sich zumindest behaupten: Die Wertpapiere von anno dazumal waren anschaulich, greifbar und rechtfertigten ihren Namen: Wertpapier. Wenn auch ihre Mutation in sogenannte Nonvaleurs anderes suggeriert: Nicht wenige der historischen Papiere sind profitabel, obwohl sie von der Börse längst verschwunden sind.
Die ersten Aktien waren meist schmucklose Papiere mit handschriftlichen Eintragungen und Unterschriften. Später jedoch entwickelte sich eine eigene Kunstform. Besonders im 19. Jahrhundert gingen Aktiengesellschaften dazu über, Künstler mit der Gestaltung ihrer Anteilsscheine zu beauftragen.
In Österreich verdingten sich zum Beispiel Mitglieder der Wiener Werkstätte wie Josef Hoffmann oder Berthold Löffler für diesen Zweck, weiß Heinz Weidinger, Geschäftsführer der Handelsgesellschaft für Historische Wertpapiere zu berichten. Bei gar manchen der künstlerisch aufgewerteten Effekten bewahrheitete sich allerdings oft wenig später ein altes Börsensprichwort: Je schöner die Aktie, desto schlechter das Unternehmen.
Alte Wertpapiere sind ein relativ junges Sammelgebiet. Erste Sammler entdeckten ab Anfang der 1970er-Jahre ihren Reiz. Und bei einem Preisausschreiben der Londoner 1978 wurde ein eigener Begriff dafür gesucht und gefunden: Scripophilie.
Zwischen 400 und 500 solcher Einzahlungsbelegfreunde – denn nichts anderes bedeutet die Übersetzung der englisch-altgriechischen Wortmischung – gibt es Weidinger zufolge in Österreich. Ihn selbst haben die Nonvaleurs vor 40 Jahren dermaßen in den Bann geschlagen, dass er Jahre später sein Hobby zum Beruf machte.
Die Vielfalt an historischen Wertpapieren ist groß. Schätzungsweise sollen es weltweit mehr als 100.000 sein. Wer sich als Sammler betätigen will, tut gut daran, sich auf einen abgegrenzten Bereich zu konzentrieren. Wie überall gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Wertbestimmend ist meist auch die Höhe der Auflage. Eine ehemalige hohe Emmissionsmenge sagt jedoch nicht viel über ihre Verfügbarkeit am Sammlermarkt aus. Papier ist vergänglich, manchmal sind nur wenige Stücke vor der Vernichtung gerettet worden. Alte Wertpapiere als Wertanlage
Sammlertraum
Seltenheit, Bekanntheitsgrad, die Geschichte dahinter und Originalunterschriften berühmter Personen sind wichtige Preisfaktoren. Der Traum vieler Sammler österreichischer Wertpapiere ist daher der Besitz einer Gründeraktie der Komischen Oper Wien von 1873, des späteren Ringtheaters, an dessen Stelle nun die Bundespolizeidirektion steht.
Nur mehr fünf von seinerzeit 12.000 Stück soll es noch geben. Von diesen verbliebenen Raritäten tragen drei die Signatur von Theatermitgründer Johann Strauß. Eine davon besitzt die Gemeinde Wien, ein weiteres Exemplar ersteigerte bei einer Auktion 2007 ein US-Sammler für 55.000 Euro. „25 Jahre davor hat sie rund 18.000 Schilling (rd. 1300
gekostet“, merkt Wei- dinger an.
Attraktiv
sind
auch
Papiere