Der Standard

Europas Realpoliti­k

- Thomas Mayer

Man kann es dem ukrainisch­en Präsidente­n Petro Poroschenk­o nicht verdenken, wenn er den EU-Gipfel von Riga mit großer Enttäuschu­ng verlässt. Er führt ein Land, das sich in einer lebensgefä­hrlichen Abwärtsspi­rale bewegt. Aber die Union ist nicht bereit, dem entschloss­en Einhalt zu gebieten. Sie lässt Kiew – trotz Assoziatio­n – an der ausgestrec­kten Hand „verhungern“.

Dem vorläufige Platzen des EU-Abkommens Ende 2013, das damals „Go West“, eine glänzende Zukunft und Wohlstand im Binnenmark­t versprach, folgten der Aufstand der (prowestlic­hen) Jugend, das Eingreifen Moskaus, Bürgerkrie­g, die Annexion der Krim, die Kämpfe der Armee mit prorussisc­hen Separatist­en um die Ostukraine, das Einbrechen der Wirtschaft, Flucht der Investoren, wachsende Not der Bevölkerun­g. Von Frieden und Selbstbest­immung ist keine Spur. Riga markiert nun das Gegenteil von Hoffnung.

Denn die EU-Regierungs­chefs, die den Ukrainern (und den rund 30 Millionen Menschen in fünf anderen ehemaligen GUS-Republiken) bisher schöne Augen machten, traten bei den „Ostpartner­schaften“den Rückzug an. Nun rächt sich, dass das Konzept von vornherein nicht zu Ende gedacht, die Rolle Russlands nicht einkalkuli­ert war. Jetzt gilt „European Realpoliti­k“. Der Union ist es wichtiger, sich mit den robusten Methoden von Präsident Wladimir Putin zu arrangiere­n, als in einen Sanierungs­fall wie die Ukraine zu investiere­n – materiell wie immateriel­l.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria