In der Heimat des Hoffnungsträgers Nigerias
Serbiens Premier Vučić besucht Albanien und einigt sich mit Gastgeber Rama, zum Kosovo uneinig zu sein
Tirana – Die Stimmung war diesmal viel besser als im November in Belgrad. Offensichtlich gewöhnt man sich daran, offen zu reden. Beim Besuch des serbischen Premiers Aleksandar Vučić in der albanischen Hauptstadt Tirana am Mittwoch sagte sein Gastgeber, Premier Edi Rama, die wechselseitigen Besuche seien ein Zeichen des Willens, die beiden Völker näher zueinanderzubringen.
„Wir haben die Möglichkeit, das zu tun, was die Franzosen und Deutschen für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg getan haben“, die Zukunft liege gemeinsam in der EU. Rama betonte die Wichtigkeit des Dialogs zwischen Serbien und dem Kosovo. Dieser sei „der Prolog für die neuen Beziehungen zwischen Albanern und Serben“.
Vučić sagte, dass er stolz sei, als erster serbischer Premier Albanien zu besuchen. Er betonte, dass es in der Kosovo-Frage Differenzen zwischen den beiden Staaten gebe, Serbien behandle den Kosovo als integralen Bestandteil. Man wolle aber den Dialog. Der serbische Regierungschef erwähnte auch das Fußballspiel zwischen Serbien und Albanien im Oktober 2014 in Belgrad, das abgebrochen werden musste, nachdem eine Drohne mit einer großalbanischen Flagge über dem Stadion aufgetaucht war und serbische Fans albanische Spieler attackiert hatten.
Der Mann, der hinter der Aktion mit der Flagge stecke, heiße Ismail und sei mit anderen Leuten drei, vier Tage vor dem Spiel aus Italien nach Belgrad gekommen, so Vučić. Das Büro des Premiers hatte kurz nach dem Spiel fälschlicherweise den Bruder des albanischen Premiers, Olsi Rama, beschuldigt, die Drohne gesteuert zu haben, obwohl dies schon aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen gar nicht möglich gewesen wäre.
Großalbanien kein Projekt
Rama meinte, dass beide Seiten aus dem Vorfall ihre Lektion gelernt hatten. Er stellte klar, dass „Großalbanien für uns kein Projekt oder Programm ist“.Vielmehr sei es Ziel, dass alle Staaten in der Region in die EU integriert werden. „Wir würden lachen, wenn wir eine großserbische Fahne sähen, aber das ist eine Frage der Wahrnehmung“, sagte er zu dem Flaggenvorfall.
Vučić kündigte an, dass es zur wechselseitigen Anerkennung der Bildungsdiplome der beiden Staaten kommen werde. Das Treffen in Tirana ist auch als Teil des „Berlin-Prozesses“zu verstehen, der von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vergangenes Jahr angestoßen wurde. Im Vorfeld des großen Balkangipfels Ende August in Wien, zu dem auch Merkel anreisen soll, müssen die Balkanstaaten konkrete Kooperationsprojekte vorweisen. Geplant ist etwa der Bau einer Autobahn zwischen Serbien und dem Kosovo.
Vertreter aus Albanien und Serbien wollen auch Jugendprojekte in Deutschland und Frankreich besuchen, und in Tirana soll ein gemeinsames regionales Jugendzentrum entstehen. Heute, Donnerstag, findet in Tirana auch das Vienna Economic Forum statt, zu dem politische Vertreter aus der Region erwartet werden, darunter der mazedonische Premier Nikola Gruevski. Mazedonien gilt wegen der Feuergefechte in Kumanovo und der innenpolitischen Lage als labilster Staat in der Region.