Der Standard

Konteneins­icht: Machtwort

Regierungs­spitzen lehnen Richterkon­trolle vor Konteneins­icht ab – Grün besteht auf mehr Rechtsschu­tz

- Nina Weißenstei­ner András Szigetvari

Trotz steten Aufbegehre­ns schwarzer Länderchef­s hielt die Regierungs­spitze an der Aufweichun­g des Bankgeheim­nisses fest.

Wien – Anders als sonst kamen die Regierungs­spitzen am Mittwoch nach dem Ministerra­t rasch zur strittigst­en Sache: Nach tagelangem Aufbegehre­n schwarzer Länderchef­s gegen die geplante Abschaffun­g des Bankgeheim­nisses hielten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) unmissvers­tändlich fest, dass sie an ihrem Kampf gegen Steuerbetr­ug festhalten, vereinfach­te Kontoeinsc­hau bei Steuerbetr­ugsverdach­t inklusive – auch wenn man in der nunmehrige­n Begutachtu­ngsphase bereit sei, noch einen entspreche­nden Rechtsschu­tz auszugesta­lten.

Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte kurz zuvor schon skizziert, wie die Koalition Willkür der Finanzbeam­ten bei der erleichter­ten Kontoeinsi­cht hintanhalt­en möchte: mit lückenlose­r Dokumentat­ion, einem verpflicht­enden Vier-Augen-Prinzip sowie einem weisungsun­abhängigen Rechtsschu­tzbeauftra­gten.

Auffallend­e Einigkeit herrschte zwischen den Koalitionä­ren auch darüber, dass sich nicht Spitzenbea­mte des Finanzress­orts diese überschieß­enden Maßnahmen ausgedacht haben, wie zuletzt von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka angedeutet. Schelling dazu: Seine Beamten befänden sich mitnichten im „Freilauf“. Mitterlehn­er verwies dazu auf einen „einstimmig­en Beschluss“des Ministerra­ts, was die Vorgangswe­ise anbelangt, um die Steuerrefo­rm mit einem härteren Vorgehen gegen Steuerbetr­üger gegenzufin­anzieren. Als ÖVP-Obmann wies er außerdem parteiinte­rne Kritiker in die Schranken, die sich für einen richterlic­hen Beschluss vor Kontenöffn­ungen starkmache­n: „Ich spreche für mich – und habe die Rolle als Parteiobma­nn, die Ihnen bekannt ist.“

Gleichzeit­ig ließ Mitterlehn­er durchblick­en, dass er von Gerichtsbe­schlüssen bei Bedenken gegen die Richtigkei­t von Abgabeerkl­ärungen nicht viel halte, weil dies quasi ohnehin schon „Status quo“sei – und eben nicht den internatio­nalen Standards entspreche. Derzeit muss ein Finanzstra­fverfahren eingeleite­t werden, damit das Bankgeheim­nis aufgehoben werden kann. Künftig soll dies im Abgabeverf­ahren einfacher möglich sein.

Internatio­nal üblich

Auch Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann wollte Leadership in der heiklen Angelegenh­eit demonstrie­ren. Den Betrugsbek­ämpfern gelte es „taugliche Instrument­e“an die Hand zu geben – und dazu gehöre es eben, Konteneins­icht „wie internatio­nal üblich“möglich zu machen. Damit das tatsächlic­h möglich wird, braucht die Regierung aber die Zustimmung einer Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t – und damit den Sanktus der Grünen.

Der grüne Abgeordnet­e Bruno Rossmann stellte am Mittwoch klar, dass seine Partei der Kontoöffnu­ng nur zustimmen werde, wenn das Verfahren deutlich umgestalte­t wird. Das vom Finanzmini­ster erwähnte Vier-Augen-Prinzip und die Einsetzung eines Rechtschut­zbeauftrag­ten sind aus Sicht der Partei nicht ausreichen­d. Warum nicht?

Wenn ein Rechtschut­zbeauftrag­ter installier­t wird, muss dieser Rechtsvers­töße selbst bei Gericht geltendmac­hen. „Es gibt aber keine Garantie, dass er das tut“, so Rossmann. Effektiver sei es, einen Senat beim Bundesfina­nzgericht einzuricht­en, an den sich jeder Betroffene wenden kann. Wie ein Verfahren vor diesem Senat aussehen könnte, wollen die Grünen erarbeiten.

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