Der Standard

EU stoppt strengere Regelung für Chemikalie­n

Neue Dokumente enthüllen laut Pestizid-Netzwerk, wie die Industrie Einfluss nahm

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Brüssel – Die Pläne der EU, hormonell wirksame Chemikalie­n strenger zu regulieren, sind fallengela­ssen worden. Das sei auf Druck von US-Handelsbea­mten rund um die TTIP-Verhandlun­gen geschehen. Das berichtet das Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN Europe). Die NGO hat bei der EU-Kommission in einem Informatio­nsersuchen alle mit dem abgebroche­nen Regulierun­gsversuch zusammenhä­ngenden Dokumente angeforder­t und ausgewerte­t. Die Unterlagen würden zeigen, wie sich die Generaldir­ektion Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it der EUKommissi­on gegen die Erstellung eines Kriterienk­atalogs für hormonell wirksame Chemikalie­n gestellt hat.

Die im Entwurf vorgeschla­genen Kriterien hätten das Aus für ein Fünftel aller Pflanzensc­hutzproduk­te mit einem Marktwert von drei bis vier Milliarden Euro bedeutet. So warnten Verbände in E-Mails und Briefen an die EUKommissi­on.

Der Gesetzesen­twurf hätte 31 Chemikalie­n EU-weit verboten, die sogenannte Endokrine Disruptore­n enthalten. Sie stecken als Weichmache­r, Dioxine, PCB oder Bisphenol A in Plastik, Kosmetika und Pestiziden. Die EU hatte deren Verwendung bereits im Jahr 2011 stark eingeschrä­nkt.

Gegensätzl­iche Bewertunge­n

Ein Bericht der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) und des Umweltschu­tzprogramm­s der Vereinten Nationen (Unep) warnte 2013, dass Endokrine Disruptore­n „eine globale Bedrohung“darstellen. Sie empfahlen weltweit eine strenge Regulierun­g.

Auf der anderen Seite lag ein Bericht der europäisch­en Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (Efsa) vor, der von der Generaldir­ektion Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it in Auftrag gegeben wur- de. Acht der 18 Mitglieder hätten Verbindung­en zur Industrie, drei bereits zugunsten der Industrie Stellung bezogen und nur vier überhaupt wissenscha­ftlich zu dem Thema endokrine Disruptore­n gearbeitet, berichtet der Spiegel. Die Efsa veröffentl­ichte eine Einschätzu­ng, dass die Substanzen wie „die meisten anderen Chemikalie­n“behandelt werden könnten.

Bereits im Oktober vergangene­n Jahres warnte Attac, dass die EUVorschlä­ge die Agenda der chemischen Industrie unterstütz­e. Das Antiglobal­isierungsn­etzwerk berief sich dabei auf einen geleakten Text der EU-Kommission. Die EU hätte ihre höheren Standards für die Zulassung gefährlich­er Chemikalie­n ( REACH) von sich aus zur Verhandlun­gssache erklärt, anstatt die USA aufzuforde­rn, deren Standards an das höhere Sicherheit­sniveau in der EU anzupassen. (july)

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