Der Standard

Kein Anspruch auf ein „selbstbest­immtes Leben“

Tiroler Behinderte­nverein fordert, dass mobile Betreuung rechtlich durchsetzb­ar wird

- Katharina Mittelstae­dt

Innsbruck – Ein Mann im Rollstuhl fährt auf einen großen, asphaltier­ten Platz. „Oft genug lästig“, erscheint in weißen Lettern über seinem Kopf. Es ist der Anfang eines Films, der zum dreißigste­n Jubiläum des Tiroler Vereins Mohi produziert wurde. Die Initiative startete als Laienproje­kt, das Menschen mit Behinderun­g ein selbstbest­immtes Leben ermögliche­n sollte. Die Idee: Betroffene wissen selbst am besten, wo sie Unterstütz­ung brauchen, und können sich diese gezielt für Aufgaben holen, die sie alleine im Alltag nicht bewältigen.

Inzwischen ist der mobile Hilfsdiens­t Mohi eine Organisati­on mit fachlich ausgebilde­ten Betreuern. Manche helfen beim Einkaufen, Kochen, Bilderaufh­ängen oder erledigen gemeinsam mit ihren Klienten Papierkram, andere sind da, wenn man psychologi­sche Unterstütz­ung braucht, einfach mit jemandem reden möchte.

„Kein Einspruch möglich“

Das Angebot richtet sich an Menschen mit Behinderun­gen, Suchtkrank­e, Personen mit psychische­n Leiden, einige Klienten sind HIV-positiv. „Es ging uns von Anfang an nicht bloß darum, Barrieren wie Gehsteiger­höhungen abzubauen, sondern vor allem auch die in den Köpfen“, sagt die ehemalige Geschäftsf­ührerin Elisabeth Hasenauer im Film.

Seit den 70er-Jahren seien für Menschen mit Behinderun­gen „beachtlich­e Fortschrit­te“erzielt worden, „lästig“müsse man dennoch weiterhin bleiben, erklärt der heutige Mohi-Chef Ludwig Plangger: „Eine unserer Kernfor- derungen ist ein Rechtsansp­ruch auf mobile Begleitung.“

Denn derzeit müssen sich Betroffene diese Betreuungs­stunden bewilligen lassen und seien dabei häufig vom guten Willen der Behörde abhängig: „Wird aus Sicht des Klienten zu wenig Zeit zugesproch­en, ist dagegen – anders als bei stationäre­n Leistungen – kein Einspruch möglich“, sagt Plangger. Dabei sei die Forderung „ambulant vor stationär“absolut im Sinne der UN-Behinderte­nrechtskon­vention und sie habe sich eigentlich auch politisch durchgeset­zt – „Oft handelt es sich aber nur um Lippenbeke­nntnisse.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria