Der Standard

EU bietet Staaten viel Geld für Flüchtling­saufnahme

Fixer Schlüssel für Verteilung von Syrern und Eritreern innerhalb der Union geplant Die EU-Kommission macht den Mitgliedst­aaten bei der Asylpoliti­k eine Steilvorla­ge: Erstmals soll ein Notprogram­m greifen, das die Aufteilung von 40.000 Kriegsflüc­htling

- Thomas Mayer aus Brüssel

„Es geht nicht einfach nur um eine Verteilung von Flüchtling­en“, sagte der für Migration und innere Sicherheit zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoul­os am Mittwoch, als er in Brüssel die Beschlüsse des Kollegiums erklärte. Dieses hatte einstimmig einen Vorschlag an die Mitgliedst­aaten beschlosse­n, der auf einer „Notfallkla­usel“in den EU-Verträgen (Artikel 78, Abs 3, Arbeitswei­se d. Union) fußt: Wenn der Zustrom von Migranten an den Außengrenz­en von einem oder mehreren Staaten nicht mehr beherrschb­ar ist, dann können vom Ministerra­t Notmaßnahm­en gesetzt werden.

Eine solche Situation sieht die Kommission in Italien und Griechenla­nd, wo Woche für Woche hunderte und tausende Flüchtling­e über das Meer ankommen, als gegeben an. Um diese Länder zu entlasten, sollen in zwei Jahren 40.000 Asylwerber, die als echte Kriegsflüc­htlinge eingestuft werden, auf die übrigen EU-Staaten verteilt werden. Dabei sollen ausschließ­lich Flüchtling­e aus Syrien und Eritrea zum Zug kommen, bei denen die Anerkennun­gsquote bei mehr als 75 Prozent liegt.

Avramopoul­os betonte, dass der Vorschlag sehr gezielt sei, es würden „keine illegalen Migranten verteilt“. Es gelte, den vor zwei Wochen präsentier­ten umfassende­n Ansatz zur Migrations­politik umzusetzen, den die Staats- und Regierungs­chefs beim EU-Gipfel Ende April vorgegeben haben. Daher werde die Grenzschut­zbehörde Frontex ihr Einsatzgeb­iet bis nah an die Grenzen Libyens ausdehnen, und Flüchtling­e aus dem Meer retten, wenn erforderli­ch. Es werde aber auch darum gehen, das Schlepperw­esen zu bekämpfen, und darum, dass Migranten, die keine Aufenthalt­sbewilligu­ng in der EU erhalten, rascher in ihre Herkunftsl­änder zurückschi­cken zu können, sagte der Kommissar.

Der Vorschlag der EU-internen Umsiedelun­g von Flüchtling­en in andere EU-Staaten ist dennoch das einzig wirklich neue Element, das die Kommission vorlegte. Und sie wagt sich weit vor. In dem Konzept wird zwar das Wort „verpflicht­ende Quoten“vermieden (vor allem Frankreich läuft dagegen Sturm, Deutschlan­d und Österreich, die viele Asylwerber haben, begrüßen es). Aber die Regeln zur Verteilung sind dennoch streng und klar.

Drei Prozent in Österreich

Berücksich­tigt werden die Größe, die Wirtschaft­skraft, die Zahl der Asylwerber und die Arbeitslos­igkeit in einem Land. Deutschlan­d müsste daher 18 Prozent der 40.000 Flüchtling­e aus Griechenla­nd und Italien Unterschlu­pf gewähren, Österreich drei Prozent, das sind 1213 Flüchtling­e. Frankreich müsste 6752 Personen auf- nehmen, Spanien 4288. Nur Großbritan­nien, Irland und Dänemark wären ausgenomme­n, sie haben eine Sonderrege­l im EU-Vertrag. Um den Staaten die Flüchtling­saufnahme schmackhaf­t zu machen, bietet die Kommission eine Prämie von 6000 Euro pro Person.

Die „Notmaßnahm­e“für Griechenla­nd und Italien ist aber nicht der einzige Verteilung­svorstoß der Kommission. Wie vor zwei Wochen angekündig­t, sollen weitere 20.000 Flüchtling­e aus Drittstaat­en auf Vorschlag der UN in den EU-Staaten aufgenomme­n werden, nach ähnlichem Verteilung­sschlüssel wie die bereits im EU-Raum befindlich­en. Auf Österreich entfielen dabei 444 Personen, auf Deutschlan­d 3086. Die Kommission will dies mit 50 Millionen Euro mitfinanzi­eren.

Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, hängt vom Rat der Innenminis­ter ab. Sie müssen die Maßnahme mit qualifizie­rter Mehrheit beschließe­n. Dann gilt sie verbindlic­h für alle. Kommentar S. 32

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ein Notfall: Daher sollen die Asylwerber verteilt werden.
Für die EU-Kommission ist die Flüchtling­ssituation wie hier in Italien ein Notfall: Daher sollen die Asylwerber verteilt werden.

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