Schellings Majestätsbeleidigung
Seit dem Heta-Moratorium lassen die Länder den Finanzminister ausrutschen
Eines vorweg: Hans Jörg Schelling ist kein Wunderwuzzi, wie er von Fans und manchen Medien dargestellt wird. Allein schon die Freigabe neuer Mittel zur Finanzierung der Krankenkassen zeigt, dass es mit der Gesundheitsreform, für die sich der ehemalige Chef des Hauptverbands so gerne rühmt, nicht weit her ist. Doch Schelling erlaubt sich, einige Probleme des Landes klar anzusprechen und auch den ein oder anderen Schritt zur Behebung selbiger zu setzen. Das kommt oft nicht gut an.
Vor allem die VP-Landesfürsten haben eine Rechnung mit dem Finanzminister offen, dem sie die Heta-Abwicklung und die damit verbundenen Kosten für Hypos und Bundesländer nicht verzeihen. Obendrein werden Schellings ohnehin zarte Ansätze, die Länder beim Finanzausgleich in die Pflicht zu nehmen, von diesen als Majestätsbeleidigung gewertet. Die wird hierzulande besonders scharf geahndet.
Der Streit um die Aufweichung des Bankgeheimnisses dürfte nur ein vorläufiger Höhepunkt im munteren Querschießen auf den Finanzminister gewesen sein. Dass mit Reinhold Lopatka nun schon der Klubobmann der Schwarzen öffentlichkeitswirksam auf den Mann aus den eigenen Reihen losgeht, mag zwar dem steirischen Wahlkampf geschuldet sein. Doch Reinhold Mitterlehner muss sich langsam klar werden, ob derartige Attacken auf seinen besten Spieler tolerierbar sind. mmerhin stellte sich der Parteichef am Mittwoch hinter Schelling und – mindestens ebenso bedeutsam – hinter die Beamten des Finanzministeriums, die Lopatka in die Nähe wild gewordener Datenabsauger gerückt hatte. Der Steirer düpierte damit in erster Linie Schelling, der ja jeden Gesetzesentwurf aus seinem Hause zu verantworten hat. Die Frage ist nur: Stützte Mitterlehner die Person Schelling oder gab er nur wegen der Verärgerung des Koalitionspartners klein bei, der auf die Einhaltung von Vereinbarungen drängt?
Die ÖVP-internen Reibereien sind aus Sicht der Roten tatsächlich grotesk. Es war ja die Volkspartei, die mit der Bekämpfung von Steuerbetrug dem SPÖ-Wunsch nach Vermögensund/oder Erbschaftsteuern den Wind aus den Segeln nahm. Bei diesem Gegengeschäft pocht Bundeskanzler Werner Faymann jetzt völlig zurecht
Iauf die Leistung des Partners. Auch in anderen Fragen wirkt Schelling geschwächt. Seine wackere Haltung in der Frage der Finanzierung Kärntens wich einem kraftlosen Kreditpakt, der ein fatales Signal an die Gläubiger der Hypo Alpe Adria sendet: Die Republik droht ihnen zwar mit einem Schuldenschnitt, aber wenn sie die Haftung des Landes ziehen, springt der Bund ein. Da hätte Schelling den Hypo-Investoren gleich die Schecks in die Hand drücken können. Mit vorzüglicher Hochachtung des Steuerzahlers, der immer wieder gerne für die einstige Landesbank in die Tasche greift.
Gut möglich, dass der Finanzminister von den Parteifreunden in St. Pölten, Innsbruck oder Linz ausgebremst wurde, für die eine härtere Gangart gegenüber Kärnten ein überfälliger Warnschuss wäre. Die Landeschefs hatten davor schon selten einmütig den Entwurf zur neuen Einlagensicherung schroff zurückgewiesen, obwohl damit endlich die Verantwortung für den Sparerschutz von der öffentlichen Hand zu den Banken wandert.
In Österreich gilt das absurde Motto: Wer kassiert, schafft an. Und wenn ein aufmüpfiger Finanzminister daran rüttelt, wird er notfalls auch kassiert.