Moderne-Labor am Nordfuß des Dobratschs
Im Kärntner Gailtal gedenkt man der Maler des Nötscher Kreises. Gezeigt werden „Wege zum Bild“, die die Modernität von Franz Wiegele, Anton Kolik, Sebastian Isepp und Anton Mahringer belegen.
Klagenfurt – So lebensnah sie wirken, so einfach waren die Bildfindungen der Maler des Nötscher Kreises nicht. Zur großformatigen
einem seiner Hauptwerke, hat Franz Wiegele fast 90 Skizzen und Vorstudien ausgeführt. Jedes Detail der Körperhaltungen und Gesichtsausdrücke wird da aufwendig zur gesammelten Überzeugungskraft des Endprodukts vorangetrieben. Zwischendurch werden immer kühner die Farben versucht. „Wege zum Bild“, die nicht nur Franz Wiegele, sondern auch Anton Kolig, Sebastian Isepp und Anton Mahringer eingeschlagen haben, bilden das Thema der Jahresausstellung des Museums im Wiegele-Haus von Nötsch.
Zentraler Antrieb der in 54 Exponaten dargelegten „Wege zum Bild“ist die unermüdliche Selbstkritik der genannten Künstler, die einander in Wien kennengelernt und sich in der Zwischenkriegszeit in dem kleinen Dorf am Nordfuß des Dobratschs niedergelassen hatten. Möglich ist auch, dass abseits des künstlerischen Ringens auf einmal der Auftraggeber eine Abänderung gefordert hat. Abwege vom Bild sozusagen, dafür steht Koligs zur Übertragung bereits gerasterter Entwurf für das große Wandbild im Wiener Krematorium.
Die imposante Leinwand zeigt linkerhand einen Arbeiter. Dieser ist 1925 im ideologischen Hickhack um das von Kirche und christlich-sozialer Partei gleichermaßen angefeindete erste Einäscherungsinstitut Österreichs auf der Strecke geblieben. Anton Koligs Enkel, Cornelius Kolig, fand den eingereichten, in Wien abgelehnten Entwurf eines Tages eingerollt auf dem Dachboden des Familienhauses, die Enden schon etwas vermodert, „was aber nicht so schlimm ist, der Großvater hat den unteren Bildrand nicht so wichtig genommen, da tropft oft die Farbe herunter wie bei einem Nitsch.“
Kolig und Wiegele waren die Penibelsten, wie die Ausstellung sehr deutlich macht. Aus unterschiedlichen Gründen weniger suchend stellen sich die Arbeiten von Sebastian Isepp und Anton Mahringer dar. Bei Isepp, der im Ersten Weltkrieg wohl infolge einer traumatisierenden Verschüttung den Antrieb zur Malerei verloren hat, liegt es an der Schmalheit des OEuvres. Seine Landschaften zwischen 1904 und 1913 zeigen aber aus dem Jugendstil heraus eine rasante Entwicklung. Sie erreicht spätestens im
von 1910 erstklassiges Niveau. Mahringers Wege zum Bild laufen interessanterweise irgendwie umgekehrt, so, als suchte bei ihm das Endprodukt zur Studie zurück: Die bei aller Selbstständigkeit der Nötscher Malerpersönlichkeiten wohl maßgebliche Gemeinsamkeit, den ekzessiven Kolorismus, verlässt er in seinen späten Ölbildern.
Unsichere Zukunft
Bei allen spektakulären Arbeiten des Nötscher Kreises, die im Leopold-Museum hängen, empfiehlt sich heuer der Besuch des Museums am authentischen Ort nicht nur deshalb, weil es ebenso hochkarätig bestückt ist, sondern auch wegen seiner noch keineswegs ausgemachten Zukunft, die von der Neuaushandlung der bestehenden Vereinbarungen mit dem auf Brot und Wasser gesetzten Land Kärnten abhängt.
Der als Museumsträger fungierende örtliche Verein benötigt zur Planungssicherheit eine dreijährige Förderungszusage von 60.000 Euro per anno. Und die im Erdgeschoß mit 76 Jahren immer noch in ihrer Bäckerei stehende Hauseigentümerin Hermi Wiegele hat wohl auch eine verlässliche Perspektive verdient, wenn man von ihr erwartet, für 1200 Euro im Monat mehr als die Hälfte des Privathauses weiterhin für die Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.