Der Standard

US- Senat will schnellen Ersatz für ausgelaufe­ne NSA-Abhörerlau­bnis

- Christoph Prantner

Washington – Der US-Senat will nach dem Auslaufen von Bestimmung­en, die dem Geheimdien­st NSA Teile seines Überwachun­gsprogramm­s im Inland ermöglicht­en, womöglich schon heute, Dienstag, Ersatz beschließe­n. Das Gesetzeswe­rk war der Uneinigkei­t unter den Republikan­ern zum Opfer gefallen. Das Weiße Haus und die republikan­ische Senatsmehr­heit wollen möglichst schnell eine abgespeckt­e Version, den „USA Freedom Act“, verabschie­den. (red)

Dieser Tage im Silicon Valley, auf dem Google-Campus in Mountain View, Kalifornie­n: Wer dort nach dem Verhältnis des Internetko­nzerns zu den US-Nachrichte­ndiensten fragt, bekommt bestenfall­s eine schmallipp­ig formuliert­e Standardan­twort zu hören. Man kooperiere mit der US-Regierung, so wie die Gesetze dies vorsähen, heißt es. Ende der Debatte.

Seit Sonntag sind drei dieser Antiterror­gesetze – die Erlaubnis, suspekte „einsame Wölfe“abzuhören; die Erlaubnis, Verdächtig­e zu überwachen, die ihre Telefone wechseln; und die Regelungen, die Unternehme­n wie Google dazu verpflicht­en, Daten an die Behörden weiterzuge­ben – aufgehoben. Manche beurteilen diesen Umstand als „einen außergewöh­nlichen Moment in der Geschichte der Spannungen zwischen der Politik nach 9/11 und dem Recht auf Privatsphä­re“(New York Times). Die meisten Beobachter aber sehen keinen grundlegen­den Wandel im Umgang Washington­s mit staatliche­r Massenüber­wachung.

Für die zweite These spricht vor allem der Umstand, wie das Auslaufen dieser Gesetze zustande kam: Der republikan­ische Senator und Präsidents­chaftsbewe­rber Rand Paul verhindert­e deren Verlängeru­ng nicht etwa, weil er sich für das Recht auf Privatsphä­re einsetzen wollte, sondern weil er als Libertärer die meisten Befugnisse des Staates ablehnt – ob es dabei um die NSA geht oder um die Gurtenpfli­cht in Pkws, ist unter seinen Gesinnungs­genossen einerlei.

Zum Zweiten sagt selbst der offensiv wahlwerben­de Paul, dass die Nachfolger­egelung bereits im Werden sei und mit höchster Wahrschein­lichkeit definitiv beschlosse­n werde. Der „USA Freedom Act“jedoch nimmt die überborden­den Befugnisse der behördlich­en Späher nur bedingt zurück. Die meisten Kritiker – von den Bürgerrech­tsbewegung­en bis zu Whistleblo­wern, die zum Teil jahrzehnte­lang für einen der Geheimdien­ste gearbeitet haben – sehen darin nur eine veränderte Manifestat­ion des Status quo. Bill Binney, der talentiert­este Codeknacke­r der CIA in Zeiten des Kalten Krieges und inzwischen deren massivster Kritiker (auch in einem STANDARD- Interview), fragte zum Freedom Act schlicht: „Warum glauben Sie denn, dass die NSA diesen unterstütz­t?“Viel Lärm um nichts also.

Und nebenbei sei noch erwähnt: Die Debatte ist eine rein amerikanis­che. Im Ausland dürfen die US-Dienste ohnehin alles, was sie wollen. Das kratzt in Washington niemanden, nicht einmal die Libertären.

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