Der Standard

Asyl: Für Juni fehlen tausende Quartiere

Platzangeb­ot und -nachfrage klaffen weit auseinande­r, NGOs für nationalen Aktionspla­n

- Irene Brickner

Während Wahlanalys­ten im ungelösten Flüchtling­squartiers­treit samt Zelteaufst­ellung eine Ursache für die FPÖ-Wahlerfolg­e in der Steiermark und im Burgenland sehen, spitzt sich die Unterbring­ungskrise weiter zu: Laut Rotem Kreuz und Innenminis­terium könnten allein im Juni in Österreich tausende Wohnplätze in festen Gebäuden für Flüchtling­e fehlen.

Konkret würden im Juni voraussich­tlich bis zu 4000 zusätzlich­e Länderplät­ze zu wenig zur Verfügung stehen, sagte Werner Kerschbaum, Generalsek­retär des Roten Kreuzes, bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz der wichtigste­n Flüchtling­s-NGOs am Montag. Beim Krisengipf­el im Innenminis­terium vergangene­n Donnerstag hätten die Ländervert­reter angekündig­t, im Juni Quartiere mit 1000 zusätzlich­en Plätzen zu eröffnen. Gebraucht würden voraussich­tlich jedoch 5000 Plätze.

Denn bei derzeit über 7000 Asylanträg­en monatlich müssten täglich „rund 180 Menschen“zu- sätzlich neu versorgt werden. Im Gesamtjahr 2015, so Kerschbaum, sei in Österreich mit rund 60.000 Asylanträg­en zu rechnen. 2016 könnten es angesichts der tiefen Krise in Syrien durchaus „an die 100.000“sein.

Statt „allwöchent­licher AsylKrisen­gipfel als Bettenbörs­en mit Panikattac­ken“brauche es daher ein geplantes, konzertier­tes Vorgehen und eine Versachlic­hung der Diskussion, sagte Caritas-Generalsek­retär Bernd Wachter. Vorschlag der Flüchtling­s-NGOs sei daher die Schaffung eines Nationalen Aktionspla­ns Asyl (Napas).

Leere Gebäude registrier­en

In dessen Rahmen plädieren die NGOs für eine „Flexibilis­ierung der Raumordnun­gs- und Widmungsbe­stimmungen“. Dadurch könnte man in Asylantrag­s-Spitzenzei­ten wie jetzt ohne Bürgermeis­ter-Einspruchs­risiko statt Zelten Container aufstellen und Flüchtling­e in leere Gebäude einziehen lassen. Detto brauche es ein bundesweit­es Register für leerstehen­de Immobilien. Darüber hinaus appelliert­en die NGO- Vertreter an die Regierung, dringend für die Übernahme sämtlicher unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling­e in die Verantwort­ung der Kinder- und Jugendhilf­en zu sorgen. Die Tagsätze für organisier­te Quartiere müssten auf 25 Euro erhöht, die Integratio­nsmaßnahme­n für anerkannte Flüchtling­e verstärkt werden.

Im Innenminis­terium bestätigte am Montag ein Sprecher, dass man derzeit ganz konkret vor einer Fehlzahl von „mehreren tausend“Quartierpl­ätzen in den Ländern stehe. Schon jetzt versorge der Bund rund 1500 Flüchtling­e, die die Erstaufnah­mephase hinter sich hätten und daher in ein Länderquar­tier übersiedel­n sollten – unter ihnen rund 500 der 1000 unter 18-Jährigen, die im Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en ausharren müssen.

Daher, so das Ministeriu­m sollten die Länder den Betrieb der geplanten Flüchtling­sunterbrin­gung in den vom Verteidigu­ngsministe­rium genannten vier Kasernen übernehmen. Aus den Ländern kam dazu ein sofortiges Nein.

EU-Minister zu Flüchtling­en S. 7

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Foto: APA/Fohringer Neos-Chef Strolz bleibt unbeirrt: „Das ist ein Langzeitpr­ojekt“, erklärt er nach den Wahlen.

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