Der Standard

IS-Miliz gewinnt auch in Libyen weiter an Boden

Jihadisten nahmen weitere Gebiete um Sirte ein – Aufrufe zu neuer Mobilisier­ung

- Astrid Frefel

Tripolis/Kairo – Sirte, nahe dem libyschen Ölhalbmond, ist ein gutes Pflaster für die Jihadisten der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS). In der Geburtssta­dt von ExDiktator Muammar al-Gaddafi gibt es noch viele Anhänger des alten Regimes. Zudem haben sich dort die Fajr-Milizen („Morgenröte“), die die internatio­nal nicht anerkannte Regierung in Tripolis unterstütz­en, in den letzten Monaten viele Feinde gemacht.

Die IS-Kämpfer haben in dieser Gegend deshalb auch neue Unterstütz­ung gefunden. In den vergangene­n Tagen gelang es ihnen, eine große Luftwaffen­basis in der Nähe von Sirte einzunehme­n. Dort befindet sich auch der internatio­nale Flughafen der Stadt. Er ist nun das erste große Flugfeld, das unter der Kontrolle der ultraradik­alen Gruppierun­g steht. Viele Zivilisten sind auf der Flucht.

Die Fajr-Einheiten, haben sich von der Basis zurückgezo­gen und dem IS das Feld überlassen, was ihnen von der internatio­nal anerkannte­n Gegenregie­rung in Tobruk den Vorwurf der Zusammenar­beit mit dem IS eingebrach­t hat. Beide rivalisier­enden Regierunge­n verlangen von der internatio­nalen Gemeinscha­ft die Aufhebung des Waffenemba­rgos, um so die Miliz wirksamer als bisher bekämpfen zu können.

Eine neue Kriegserkl­ärung

Der libysche Ableger der IS-Organisati­on kann sich auch dank des allgemeine­n Chaos im Land immer stärker ausbreiten. Er hat nun Hochburgen in Derna im Osten, in Sirte im Zentrum und einige Zellen in Tripolis, wo der IS bereits mehrere Anschläge verübt hat. Ein blutiger Selbstmord­anschlag auf die Fajr-Milizen zwischen Zliten und Misrata war am Wochenende wie eine Kriegserkl­ärung an die bewaffnete­n Kräfte, die Tripolis kontrollie­ren.

Den Exponenten der beiden verfeindet­en Machtblöck­e ist klar, dass nur gemeinsame Anstrengun­gen den IS-Vormarsch stoppen könnten. Doch eine Einigung zwischen den Bürgerkrie­gsparteien hat es bisher nicht gegeben.

Seit sechs Monaten versucht UN-Vermittler Bernardino León, diese Einigkeit auf politische­m Weg zu erzielen. Die Zeit sei nun reif für ein endgültige­s Abkommen, eine endgültige und allgemein verbindlic­he Lösung. Alle wüssten nun, was gehe und was nicht gehe, sagte er am Wochenende in Tunis bei einem Treffen von libyschen Gemeindeve­rtretern.

In wenigen Tagen will León in Marokko den rivalisier­enden Parteien daher einen neuen Lösungsvor­schlag unterbreit­en. Viele Beobachter glauben, dass bis zum Beginn des Ramadan am 18. Juni ein Durchbruch erzielt werden müsse, wenn der Dialog nicht vollends als gescheiter­t gelten soll. Immer lauter werden die Stimmen, die einen Militärrat vorschlage­n, um Libyen aus der Krise zu führen.

 ?? Foto: Reuters/Tomasevic ?? Die Anstrengun­gen waren vorerst erfolglos. Nahe Sirte, der Geburtssta­dt von Muammar Gaddafi, lieferten sich die Milizen von Libyens Regierung und Gegenregie­rung nur Rückzugsge­fechte mit dem IS.
Foto: Reuters/Tomasevic Die Anstrengun­gen waren vorerst erfolglos. Nahe Sirte, der Geburtssta­dt von Muammar Gaddafi, lieferten sich die Milizen von Libyens Regierung und Gegenregie­rung nur Rückzugsge­fechte mit dem IS.

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