Körperverletzungsprozess: Arzt, Absacker und Türsteher
Ein Security soll einen betrunkenen Gast schwer verletzt haben – die Geschichten sind völlig konträr
Wien – Herr F. ist 54 Jahre alt, Unfallchirurg und war am 19. Jänner 2013 ziemlich dicht. „Ich würde sagen, mittelbetrunken“, erzählt er Richter Roman Palmstingl. Nach 2,5 Litern Bier und einem Mojito wollte er mit einem Freund in das Lokal „Bettelstudent“. Am Ende hatte er eine gebrochene Rippe und Verletzungen an Daumen, Knie und Sprunggelenk.
Josef S. sitzt daher mit einer Anklage wegen Körperverletzung hier. Der 34-Jährige war damals Türsteher. „Die beiden waren schwer betrunken“, sagt der 1,92 Meter große Angeklagte. „Ich habe ihnen gesagt, dass sie alkoholisiert nicht hineinkommen“, schildert der Unbescholtene.
Die Leider-nicht-Gäste goutierten das gar nicht. Zumindest nicht Herr F., der immer wieder versucht habe, die Tür zu öffnen. S. rief zwei Kollegen. „Es hat Beschimpfungen gegeben“, sagt S., beispielsweise: „Was habt ihr eigentlich gelernt?“
Irgendwann sei F. rasch auf ihn zugekommen, im Reflex habe er ihn mit den Armen auf Distanz gehalten. „Da ist er auf den Hintern gefallen.“F. sei dann aufgestanden und habe gesagt: „So, jetzt tut mir mein Knie weh, jetzt zeige ich euch an.“
F. erzählt eine völlig andere Geschichte. „Wir wollten noch ein wenig absacken gehen“, der Türsteher war dagegen. Dann muss der Zeuge stoische Ruhe bewahrt haben. Er sei zwischen den Türstehern und seinem Freund gestanden, und nur dieser habe diskutiert. Er habe überhaupt nichts gesagt. Plötzlich habe ihm S. einen Schlag gegen den Oberkörper versetzt, er sei nach hinten auf die rechte Seite gefallen.
Sein Freund unterstützt ihn als Zeuge, die beiden anderen Türsteher bestätigen dagegen die Version des Angeklagten. Für den medizinischen Sachverständigen deutet alles auf einen Schlag gegen den Oberkörper hin, durch den Sturz seien die Verletzungen auf der rechten Seite entstanden.
In einem sind sich Anklägerin und Verteidiger Roland Kier in ihren Schlussplädoyers einig: Die Schilderungen des Opfers und seines Freundes seien „völlig lebensfremd“.
Palmstingl verurteilt S., nicht rechtskräftig, dennoch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu sechs Wochen bedingt und 7700 Euro Schmerzensgeld. Türsteher ist S. nicht mehr.