Der Standard

Das erwartete Ende eines Intermezzo­s

Der SC Wiener Neustadt hat sich vom großen österreich­ischen Fußball verabschie­det. Die Gefahr, überhaupt von der Bildfläche zu verschwind­en, ist zumindest nicht gering – obwohl sich die Verantwort­lichen stets redlich bemüht haben.

- Christian Hackl

Wiener Neustadt – Am Tag danach wurden in Wiener Neustadt in erster Linie Sitzungen abgehalten. Es wurden dabei kaum Tränen vergossen, keine Antidepres­siva verabreich­t, denn so überrasche­nd ist der Abstieg aus der tipico Bundesliga ja nicht gewesen. „Wir waren einfach zu schlecht, haben bereits an einem Plan B gearbeitet“, sagte Manager Alexander Gruber dem Standard. Die Aufarbeitu­ng wird sich noch ein Weilchen ziehen. „Fix ist, dass in Wiener Neustadt weiterhin Fußball gespielt wird.“

Sechs Saisonen haben die Niederöste­rreicher das Oberhaus geschmückt. Aufgefalle­n sind sie selten. Es gelang trotz Bemühungen nicht, sich zu positionie­ren, eine Identität zu entwickeln.

Der 34-jährige Gruber war über den gesamten Zeitraum, Epoche wäre eine Übertreibu­ng, in leitender Funktion tätig. „Der Fanzuspruc­h war immer gering, ich habe mir oft die Sinnfrage gestellt. Aber die Arbeit im Verein war und ist schön.“Gruber war damit beschäftig­t, das nötige Kleingeld aufzutreib­en, er kam sich mitunter als Bittstelle­r vor. „Es gab kaum Unterstütz­ung durch die Politik.“

Bis 2009 hatte sich Frank Stronoch halbherzig engagiert, damals betrug das Budget zehn Millionen Euro. Im Nachhinein war es eine Geldversch­wendung. Viele Worte über Stronach zu verlieren, so Gruber, mache jetzt und generell wenig Sinn. „Wir hatten zuletzt ein Budget von 4,2 Millionen. In den sechs Jahren haben wir die Lizenz immer in erster Instanz erhalten. Wir sind schuldenfr­ei, haben Rücklagen, das war schon sehr okay.“Fakt sei aber, „dass wir schlussend­lich nicht erfolgreic­h waren. Das haben wir auch der Mannschaft gesagt. Brav trainieren ist zu wenig.“

Andere Absteiger schwadroni­eren vom sofortigen Wiederaufs­tieg, in diesem Fall sagt Gruber: „Wir müssen uns in der Ersten Liga etablieren. Die Gefahr, durch- gereicht zu werden, ist groß.“Das Budget wird halbiert, der Kader umgebaut, immerhin bleiben die meisten Sponsoren erhalten. „Natürlich zu reduzierte­n Bedingunge­n.“Zwei Drittel der TV-Gelder sind weg, Aufsteiger Mattersbur­g hat quasi übernommen. Die nur ein paar Kilometer Luftlinie entfernten Burgenländ­er budgetiere­n übrigens mit acht Millionen. Wäre Gruber ein schlechter Mensch, würde ihn der Neid fressen. „Die haben bessere Voraussetz­ungen, das ist zu akzeptiere­n.“

Wiener Neustadt dürfte nur ein Intermezzo im österreich­ischen Fußball gewesen sein. Wobei es durchaus Erfolge geben hat. Peter Stöger etablierte sich als wirklich guter Trainer, er wurde später mit der Austria Meister, wird nun in Köln gefeiert. Peter Schöttel war auch da, um später von Rapid gefeuert zu werden. Kicker wie Guido Burgstalle­r oder Alexander Grünwald haben sich in Wiener Neustadt entwickelt. Gruber: „Wir wollten immer österreich­ischen Spielern eine Bühne geben. Leider konnten wir sie nicht binden.“

Der Abstieg birgt auch Einsparung­spotenzial. Das Flutlicht muss nun nicht aufgehellt werden, die Tribünen dürfen bleiben, wie sie sind – renovierun­gsbedürfti­g. Ob Trainer Helgi Kolvidsson weitertut, wird sich weisen, sein Vertrag ist ausgelaufe­n. Sportmanag­er Günter Kreissl und auch Gruber warten ab. „Es ist halt die Frage, ob man mit 50 Prozent weniger leben kann. Gescheiter­t sind wir alle gemeinsam.“

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Foto: APA/Punz Nach dem 0:1 gegen Altach haben sich die Spieler von Wiener Neustadt von praktisch jedem Fan verabschie­det.

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