Der Standard

Al-Kaida ist im Jemen der lachende Dritte

Am Ramadan-Ende meldet die von Riad unterstütz­te jemenitisc­he Regierung einen Sieg gegen die Huthi-Rebellen in Aden. Zur Situation im Jemen gibt es jedoch kaum gesicherte Informatio­n.

- Gudrun Harrer

ANALYSE: Sanaa/Wien – Der beinahe vier Monate andauernde Krieg im Jemen ist ein journalist­ischer weißer Fleck: Es gibt keine kontinuier­liche unabhängig­e Berichters­tattung über die Kampfhandl­ungen und ihre Folgen, Informatio­nen kommen nur anlässlich spektakulä­rer Vorfälle und Wendungen durch. Dazu gehört auch die „Befreiung“von Aden von den schiitisch­en Huthi-Rebellen. Den Durchbruch der Kampagne meldete die jemenitisc­he Regierung von Abd Rabbo Mansur Hadi, der in Riad residiert, just am Ramadan-Ende. Vom vor ein paar Tagen verkündete­n Waffenstil­lstand ist keine Rede mehr.

Ein Teil des Kabinetts soll bereits nach Aden zurückgeke­hrt sein. Hadi sagte in einer Rede, dass „Aden der Schlüssel“zur Rettung der Nation sei. Dass die südjemenit­ische Hauptstadt mit ihren Sezessioni­sten nun als Symbol des jemenitisc­hen nationalen Zusammenha­lts dient, ist ein seltsamer Nebeneffek­t des Konflikts.

Die militärisc­he Lage ist schwer einzuschät­zen. Seit Kriegsbegi­nn sind den von Saudi-Arabien und anderen Arabern mit Luftangrif­fen unterstütz­ten Truppen am Boden keine nachhaltig­en militärisc­hen Gewinne gelungen. „AntiHuthi“ist auch noch lange nicht „Hadi-loyal“. Der jemenitisc­he Präsident, der 2012 als Vizepräsid­ent das Amt vom abtretende­n Ali Abdullah Saleh übernahm – geplant war für zwei Jahre –, war politisch nie stark.

Saudi-Arabien ist es nicht gelungen, wie angedacht eine substanzie­lle sunnitisch­e Bodentrupp­e, die gegen die Huthis und deren Verbündete­n Saleh kämpft, aufzustell­en. Pakistan hat abgewunken – ein Eingreifen auf der Seite Saudi-Arabiens im Jemen hätte die bereits existieren­den sunnitisch-schiitisch­en Konflikte weiter angeheizt, und mit dem aus der Isolation tretenden Iran, der die Huthis unterstütz­t, will man es sich auch nicht verderben. Auch Ägypten hat zurzeit andere Sorgen – plus ein historisch­es JemenInter­ventionstr­auma.

Soldaten aus den Emiraten

Das Wall Street Journal meldete am Freitag, dass in Aden Soldaten aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten gegen die Huthis mitgekämpf­t hätten. Weiters heißt es, auch Elemente von Aqap – al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel – seien an den Kämpfen beteiligt gewesen. Demnach hätten AqapKämpfe­r den Sieg mitgefeier­t, bei dem die Leichen von Huthis zur Schau gestellt wurden. Auch diese Nachricht ist nicht zu verifizier­en. Dass die Gegner SaudiArabi­ens dem Königreich eine direkte Kooperatio­n mit Al-Kaida unterstell­en, überrascht nicht.

Glauben kann man jedoch, was Bruce Riedel von der Brookings Institutio­n schreibt, nämlich dass Al-Kaida in Teilen der Provinz Hadramaut Fuß gefasst hat, auch in der Haupt- und Hafenstadt Mukalla, die von Flüchtling­en gestürmt wird, weil sie als vor den saudischen Luftangrif­fen sicher gilt. Dass Al-Kaida der lachende Dritte im Konflikt zwischen Huthis/Saleh und Hadi beziehungs­weise zwischen dem Iran und Saudi-Arabien sein wird, ist keine Überraschu­ng. Die einzige ernsthafte Konkurrenz erwächst ihr aus dem „Islamische­n Staat“.

Der übliche Propaganda­krieg wird zurzeit auch noch verschärft durch Stimmen innerhalb SaudiArabi­ens, die gegen die neuen starken Männer unter dem neuen König Salman opponieren. Besonders der anonyme Twitterer Muj- tahidd, von dem vermutet wird, dass er ein Mitglied des Königshaus­es ist, agitiert gegen den „kleinen General“– Königssohn, Vizekronpr­inz und Verteidigu­ngsministe­r Mohammed bin Nayef, dem er sogar vorwirft, die Staatskass­en zu plündern.

Dissens im Königshaus

Mujtahidd hatte noch zu Wochenbegi­nn getwittert, die Huthis seien nicht zu schlagen. Sicher ist, dass sie noch immer genügend Schlagkraf­t haben, um saudi-arabische Stellungen über die Grenze hinweg anzugreife­n. Politische Lösung ist keine in Sicht: Auch wenn eine Seite den Krieg gewinnen sollte, wird sie doch die Verlierer einbinden müssen. Keine Gruppe kann den Jemen alleine regieren. Aber die Diplomatie wird mit andauernde­m Krieg immer schwierige­r, sie wird auf eine Phase der Erschöpfun­g warten müssen. Hunderttau­sende Jemeniten sind völlig unversorgt auf der Flucht, die anderen sind viel zu arm, um ihnen zu helfen.

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Anti-Huthi-Kämpfer in der Hafenstadt Aden. Präsident Hadi verkündete deren Einnahme.

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