Tsipras überall mit Löscharbeiten beschäftigt
Die Regierungsumbildung in Athen gestaltete sich schwierig nach der Abstimmungsschlappe für die Linke. Premier Tsipras ist verärgert über die Abgeordneten, die ihn im Stich ließen. Doch nächste Woche kommen schon die nächsten Reformgesetze für den Hilfskr
Der Hymettos brennt, kilometerlange Rauchschwaden ziehen über die südlichen Stadtviertel von Athen, und Alexis Tsipras kann endlich tun, was Regierungschefs normalerweise bei solchen Anlässen tun: Er fährt hinaus zum Bergrücken am Stadtrand und beobachtet die Löschversuche. Auch auf dem Peloponnes brennt es an diesem Freitag, und noch viel ausgedehnter, angetrieben durch starke Winde. Das lässt den Regierungschef für einen Moment den Brand vergessen, der sich durch seine eigene Partei frisst.
39 Abgeordnete haben ihm die Gefolgschaft beim Ritt in das neue Kreditabkommen mit Griechenlands Gläubigern versagt, darunter Minister, Staatssekretäre und die Parlamentspräsidentin. Seine Regierung will Tsipras umbilden, aber das gestaltet sich schwieriger als angenommen. Nächste Woche schon muss die linke Parlamentsfraktion wieder Reformgesetze billigen, die ihr von Berlin und Brüssel abgepresst wurden. Im Vorfeld weitere Abgeordnete verprellen, das Regierungsboot durch Entlassungen noch mehr zum Schaukeln bringen, scheint wenig ratsam. Die Personaldecke ist ohnehin dünn. Syriza ist ein Bündnis linksgerichteter Kleinparteien, in dem jahrelang über das Absterben des Kapitalismus schwadroniert wurde und fünf Prozent bei Wahlen als ordentliches Ergebnis galten.
Lunacek in Athen
Die Grünen aus dem Europaparlament kamen mittlerweile der griechischen Regierung zu Hilfe. Ein Besuch, um Solidarität mit dem griechischen Volk zu zeigen, sagte Ska Keller, die deutsche Vizepräsidentin der Grünen-Frak- tion im Straßburger Parlament. Einen „historischen Irrtum“, der den Griechen aufgezwungen worden sei, nannte Eva Joly, die französische Grünen-Abgeordnete und frühere Korruptionsjägerin, die Kreditbedingungen.
„Zum Teil erpresserische Methoden“habe der deutsche Finanzminister in der Nacht der Verhandlungen in Brüssel angewandt, stellt Ulrike Lunacek fest, die Vizepräsidentin des Parlaments. „Kärnten und die Hypo kosten uns mehr als Griechenland“, sagt sie: „Aber da kommt auch keiner auf die Idee und sagt, Kärnten muss raus aus Österreich.“Was in der GriechenlandDebatte fehle, sei das europäische Bewusstsein, klagt Lunacek. Der Grexit aber, für den Wolfgang Schäuble munter weiter werbe, wäre gleichbedeutend mit dem politischen Scheitern der EU.
Das Nein ihrer Parteifreunde im Nationalrat am Freitag zu den Kreditverhandlungen erklärte sie den Griechen auch: Keine leichte Entscheidung sei das gewesen, und froh darüber, dass der Grexit verhindert wurde, seien die Grünen auch; doch ohne Schuldenumbau und nur mit weiteren Steuerhöhungen und Ausgabenkürzungen sei die Einigung in Brüssel ein Pyrrhussieg. „Wir können nicht erkennen, dass Griechenland damit aus der Krise kommt.“
Die von den Kreditgebern gewünschten Mehrwertsteuererhöhungen treten am Montag in Kraft. Lebensmittel werden damit neben anderem deutlich teurer. Am Mittwoch müssen rasch weitgehende Justizreformen durchs Parlament.