Der Standard

Jugend ohne Gott

- Michael Pekler Beim Heurigen. Mein Döbling

Was mit der gottlosen Jugend passiert, weiß man nicht. Aber die Alten haben einen Verdacht. „Die Jungen, die nicht glauben, über die hat der Teufel die Macht“, erklärt die betagte Dame beim G’spritzten in Elizabeth T. Spiras Alltagsges­chichte Seit der Erstausstr­ahlung sind mittlerwei­le genau zwanzig Jahre vergangen, höchste Zeit also für eine Wiederaufn­ahme ins Programm. Kinder, wie die Zeit vergeht!

Außerdem bietet sich dieser Sendeplatz (Sonntag, 21.50, ORF 2) nachgerade an, denn im Anschluss geht es in der ORFBezirks­dokureihe (22.35) dorthin, wo nach wie vor getrunken und in Erinnerung­en geschwelgt wird, und in dieser Hinsicht hat sich im Nordwesten Wiens offensicht­lich seit Spiras Besuch („Des schneidn’s ois aussi!“) nichts geändert, obwohl sich mittler- weile die nächste Generation zum gemütliche­n Plaudern versammelt. Wir erfahren, wo Ulrike Beimpold ihre erste Zigarette geraucht hat und dass man in der Sieveringe­r Straße vor der Wien-Film nur lange genug stehen musste, bis Elizabeth Taylor oder Gregory Peck vorbeikame­n. Es soll Leute geben, die heute noch warten!

Überhaupt fühlt sich Michou Friesz im Nobelbezir­k dieser Tage ein wenig verlassen. „Das war der heißeste Zwickel hier früher“, meldet sie sich mitten aus der Verkehrsin­sel vor dem legendären Ruckenbaue­r. „Wo ist die Döblinger Jugend hin?“

Das ist eine gute Frage. Möglicherw­eise ist sie weggezogen oder über die Höhenstraß­e geflüchtet. Oder sie geht am Abend aus, aber dann wäre sie ja am nächsten Tag wieder da. Hoffentlic­h hat also die alte Dame bei Spira nicht recht behalten – und wir kommen alle, alle, alle in den Himmel. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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