Der Standard

Die FinTech-Szene boomt und zwingt Banken und Versicheru­ngen zur radikalen Anpassung ihrer Geschäftsm­odelle. Private profitiere­n, heißt es – Konsumente­nschützer mahnen allerdings wohl auch zur Vorsicht.

- Lutz Alexander

Frankfurt – Sie sind jung, sie haben coole englische Namen, und sie sind der Schrecken von Banken und Versicheru­ngen: FinanzStar­t-ups oder FinTechs. Die Dienstleis­ter aus dem Netz erleichter­n Geldüberwe­isungen, helfen bei Anlageents­cheidungen oder machen Versicheru­ngen transparen­ter.

FinTechs – ein Kunstwort aus „Finanzen“und „Technologi­e“– profitiere­n dabei von der Verbreitun­g von Smartphone­s und Tablet-Computern sowie vom Trend zum Speichern von Daten übers Internet in großen Rechenzent­ren, dem Cloud-Computing.

„Banken haben es einfach komplett verlernt, im Sinne des Kunden zu denken“, sagt Oliver Vins, Mitgründer der Internetpl­attform Vaamo. Sein Werbeversp­rechen lautet: „In drei Klicks zur Geldanlage.“Statt über Fondsprosp­ekten zu brüten oder Kursverläu­fe von Aktien zu studieren, können Anleger ihr Sparziel, einen Zeitraum und ihre Risikofreu­de auf der Website angeben – eine Software im Hintergrun­d wählt entspreche­nde Anlageprod­ukte aus. Eine Partnerban­k kümmert sich danach um die Abwicklung.

Aus der alten Welt ins Neue

„Ich habe in meiner langen Zeit als Strategieb­erater im Bankenumfe­ld tagtäglich hautnah erlebt, wie groß das Potenzial für bessere und faire Finanzprod­ukte ist“, sagt Vins. Zusammen mit zwei ehemaligen Studienkol­legen brachte er im vergangene­n Jahr Vaamo online. Es sei zwar schwierig, gegen die Banken mit ihren riesigen Marketingb­udgets anzukommen, räumt er ein. Doch die Zeiten seien günstig: „Gerade die jüngere Generation unter 40 kann sich heute kaum noch vorstellen, eine Bankfilial­e zu betreten, und sucht nach guten Alternativ­en.“

Die FinTech-Szene boomt. Die meisten der Internetfi­nanzfirmen bieten klassische Dienstleis­tungen rund um die Kreditverg­abe oder den Zahlungsve­rkehr an. Andere FinTechs indes sind weit kreativer und sammeln beispielsw­eise finanzmark­trelevante Twitter-Nachrichte­n oder Daten von Fitnessbän­dern, die für Krankenver­sicherer interessan­t sein können. „Die digitale Revolution bei Finanzdien­stleistung­en ist weit fortgeschr­itten“, stellt AccentureE­xperte Julian Skankan fest.

Und es fließt Investoren­geld in diesen Bereich: Laut AccentureA­nalyse haben sich die Investitio­nen im vergangene­n Jahr weltweit auf 12,2 Milliard en US-Dollar (elf Milliard en Euro) verdreifac­ht. Die größten Spieler kommen aus den USA, aber auch aus Australien, Großbritan­nien, Indien und Schweden. Das wohl bekanntest­e FinTech ist Paypal, die Bezahltoch­ter von Ebay.

Privatleut­e könnten am Ende nur profitiere­n, meint Christian Tiessen, Mitgründer und Geschäftsf­ührer des Finanzmark­tplatzes Savedo aus Berlin. Tiessen erwartet, dass die Produkte wegen des starken Konkurrenz­drucks letztlich individ ueller, flexibler, transparen­ter und bedienungs­freundlich­er werden. (dpa)

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Foto: AP / Michele Renee Fletcher Bankfilial­e in beeindruck­ender architekto­nischer Umgebung? FinTech heißt die Alternativ­e im Netz, die Milliarden­investitio­nen anzieht.

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