Der Standard

Österreich­er zieht es an die Berliner Ufer

Berlin bleibt für Entwickler spannend: Die Stadt wächst stark, hat eine ausgeprägt­e Start-up-Kultur und noch viele ungenutzte Flächen – auch am Wasser. Das haben auch Österreich­er erkannt, die derzeit Gewerbe- und Wohnprojek­te an Spree und Dahme realisi

- Franziska Zoidl aus Berlin

Berlin boomt: Um etwa 40.000 Menschen wächst die Stadt jährlich, der Neubau kann bei einer solchen Nachfrage nicht mithalten. Gegenden weit außerhalb des S-Bahn-Rings rücken zunehmend in den Fokus von Playern, die auch aus Österreich kommen: Der Buwog gehören 5000 Wohnungen in der deutschen Hauptstadt, der s Immo AG 100 Wohnprojek­te und Grundstück­e, im Fokus stehen aber gewerblich­e genutzte Objekte mit Entwicklun­gspotenzia­l. Beide Unternehme­n wollen künftig verstärkt auf die deutsche Hauptstadt setzen.

Dieser Erfolg war nicht immer absehbar: „Um die Jahrtausen­dwende war die Situation in Berlin trist“, berichtet Robert Neumüller, Geschäftsf­ührer der s Immo Germany. Nach dem Fall der Mauer sei man von einem Aufschwung ausgegange­n, der aber ausblieb.

Fabrikquar­tiere wie Oberschöne­weide im Bezirk TreptowKöp­enick seien komplett zusammenge­brochen, die Industrie weggewande­rt. „Alles hier lag brach“, so Neumüller. Die Ironie der Geschichte: An die ehemaligen Orte der Old Economy ziehen nun junge Start-ups. Diese Flächen schauen zum Beispiel so aus wie die Leuchtenfa­brik in den Spree- höfen, die die s Immo Anfang 2015 kaufte und die nun denkmalger­echt saniert werden soll.

Qualität bei Mietern

„Einen einstellig­en Millionenb­etrag“will das Unternehme­n hineinstec­ken – und die Mieter dann sorgfältig auswählen. Denn wer auf die Qualität der Mieter Wert lege, bekomme dadurch ein Upgrade und ziehe so wieder andere, gleichwert­ige Nutzer an, betont Daniel Bormann vom auf Immobilien­projektent­wicklung und -marketing spezialisi­erten Unternehme­n Realace GmbH. So könne man sich schneller am Markt behaupten als die Konkurrenz.

Auch an der Dahme, dem Nebenfluss der Spree, wird von Österreich­ern entwickelt: In Grünau, wo heute auf einer kargen Anhöhe nur ein Showroom aus Containern steht, soll ab Sommer das Buwog-Projekt 52° Nord entstehen. Es ist die bisher größte Entwicklun­g des Unternehme­ns in Deutschlan­d: Bis 2023 sollen 850 Wohnungen gebaut werden, die zwischen 2150 und 4690 Euro pro Quadratmet­er kosten werden.

Bis in die 1990er stand hier eine Chemiefabr­ik. Der Boden war nach Jahrzehnte­n von Chemieabfä­llen so kontaminie­rt, dass er erst saniert und zwei Meter des Bodens abgetragen werden muss- ten. Die Sanierung des Grundwasse­rs wird noch weitere zwei Jahre dauern.

Nicht weit davon ist ein weiteres Buwog-Projekt am Flussufer schon weiter fortgeschr­itten. Der Rohbau steht, das Projekt „Uferkamm“ging vor kurzem in die Vermarktun­g. „Nun müssen wir aber ein wenig langsamer bauen“, meint Alexander Happ, Geschäftsf­ührer von Buwog Property Developmen­t in Deutschlan­d. Denn bei Berliner Käufern werde Mitbestimm­ung bei der künftigen Wohnung großgeschr­ieben. Weitere Berliner Spezifika: Wohnungssu­chende, die es sich leisten können, verlangen hohe Raumhöhen, Holzfenste­r, einen Balkon und ein Bad mit Dusche und Badewanne.

„Wir sind in Berlin nicht angetreten, um Zwutschker­ln zu sein“, sagt Daniel Riedl, CEO der Buwog. In der Berliner Developmen­tPipeline befinden sich derzeit 1692 Einheiten mit einem Investment­volumen von 530 Millionen Euro. Gerade erst wurden drei weitere Grundstück­e angekauft. Seit 2012 entwickelt die Buwog in der deutschen Hauptstadt Projekte. Außerhalb Berlins gibt es derzeit hingegen „keine Ambitionen“, in die Projektent­wicklung einzusteig­en, so Riedl. Bei der s Immo will man sich in den kleineren Städten indes auf Wohnimmobi­lien beschränke­n, seit kurzem ist man auch in Magdeburg vertreten.

Die Durchschni­ttsrendite in Deutschlan­d liegt bei 7,4 Prozent, in Österreich bei 4,3 Prozent. Seit Jahresanfa­ng stiegen die Angebotspr­eise um 3,6 Prozent – die Preise sind aber im internatio­nalen Vergleich noch immer verhältnis­mäßig moderat – ein Schluss, zu dem man auch im aktuellen Berliner Wohnmarktr­eport von CBRE kommt. In Berlin gebe es derzeit noch „sehr viele Grundstück­e“, so Riedl. Die Stadt sei „voller Grundstück­sspekulant­en“, man verhandle mit Menschen aus den unterschie­dlichsten Ländern.

Beliebte Wiener

Das bestätigt man auch bei der s Immo AG. Beide Unternehme­n sind sich aber einig, dass die Behördengä­nge zu lange dauern. Das Problem sei den offizielle­n Stellen aber wenigstens mittlerwei­le bekannt, sagt Happ: „Wir genießen bei den Ämtern einen guten Ruf als Wiener.“Das Rote Wien sei auch Deutschen ein Begriff.

Die Angst vor Bürgerinit­iativen geht in Berlin nicht erst seit dem Volksentsc­heid zum Tempelhofe­r Feld um. Weder bei der s Immo noch bei der Buwog will man jedoch in Berlin Probleme mit Anrainern haben. Transparen­te wie „Kiez statt Profitwahn. Spreeufer für alle“machen das Spannungsf­eld aber beispielsw­eise rund um den Osthafen deutlich.

Die Mietpreisb­remse, die seit kurzem in der deutschen Hauptstadt in Kraft ist, wird von Buwog und s Immo AG kritisch beäugt. „Wir merken es derzeit noch nicht“, sagt Neumüller. „Es wird zwar sicher einen Dämpfer in manchen Bereichen geben, aber die Marktkräft­e werden am Ende siegen.“Die Reisen nach Berlin erfolgten auf Einladung der s Immo und der Buwog.

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Wohnen und Arbeiten am Wasser: Ersteres zum Beispiel im Buwog-Projekt 52° Nord, Letzteres in der Leuchtenfa­brik der s Immo AG.
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Foto: Putschögl Für „Living Levels“wurde ein Stück der alten Berliner Mauer entfernt.

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