Rechtsradikale Morde
Deutscher Innenminister korrigiert Statistik nach oben
In Deutschland sind von 1990 bis 2011 mehr Menschen durch rechtsradikale Gewalttäter getötet worden als angenommen, sagt das Innenministerium in Berlin.
Die Zahl der Morde, die in Deutschland durch rechtsextreme Täter begangen wurden, ist höher als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des deutschen Innenministeriums, über die die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Bisher war in offiziellen Statistiken in Deutschland von 48 Todesopfern seit 1990 – also dem Jahr der Wiedervereinigung – die Rede. 2011, als die Mordserie des NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) aufflog, herrschte in Deutschland großes Entsetzen. Zehn Morde sollen auf das Konto des NSU gehen – acht an türkischstämmigen Kleinunternehmern, einer an einem Mann mit griechischem Migrationshintergrund und einer an einer jungen deutschen Polizistin.
Im Bundestag fragte man sich damals, ob es vielleicht noch mehr Morde geben könnte, die bisher nicht rechtsextremen Tätern zugeordneten wurden. Abgeordnete des NSU-Untersuchungsausschusses drängten das Bundeskriminalamt und das deutsche Innenministerium, noch einmal jene Todesfälle genauer zu untersuchen, die einen rechtsextremen Hintergrund haben könnten.
Ein Zwischenbericht liegt nun vor, und dieser zeigt, dass die Statistik nach oben korrigiert werden muss. Neben den 48 bereits bekannten Fällen und den zehn Morden, die der NSU begangen haben soll, fanden sich bei der Überprüfung von 745 Altfällen weitere 15, die als Taten von Rechten gewertet werden müssen. Zwei weitere kamen danach noch dazu. Doch es könnte noch einige weitere Taten geben. Diese Vermutung ergibt sich bei Betrachtung der Untersuchungsmethode, die nun von den Grünen scharf kritisiert wird.
Sonderfall Brandenburg
Grundsätzlich hat das Bundeskriminalamt bei der Neuerhebung mit den Landeskriminalämtern in Deutschland kooperiert. In Brandenburg jedoch wurden Altfälle vom Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) der Universität Potsdam noch einmal unter die Lupe genommen. Und dieses arbeitete – anders als das BKA und die Landeskriminalämter – mit Opferverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen.
Später wurden neun Morde durch Rechtsextreme „nachgemeldet“. Somit wurden seit der Wende in dem ostdeutschen Bundesland, das Berlin umgibt, nicht neun, sondern 18 Menschen bei Angriffen von Rechtsextremen getötet. Für die grüne Abgeordnete Monika Lazar steht damit die gesamte Altfallprüfung infrage: „Der Bund hat sie sehenden Auges an die Wand gefahren.“
Aufgelistet sind nun auch Verletzte (142) bei Mordversuchen (170). Es zeigt sich, dass diese in ganz Deutschland stattfanden, nicht nur in den ostdeutschen Bundesländern.