Der Standard

Dänemark lanciert Kampagne gegen Asylsuchen­de

Die neue Regierung in Kopenhagen will nicht nur die Bezüge für Asylsuchen­de fast halbieren, sondern stößt jetzt auch noch mit einer Medienkamp­agne im Ausland nach. Motto: In Dänemark ist nichts zu holen. Die Rechtsnati­onalen jubeln, die Liberalen sind en

- Anne Rentzsch

Kopenhagen/Stockholm – Dänemarks neue Regierung arbeitet mit Hochdruck daran, das Land für Asylsuchen­de weniger attraktiv als bisher zu machen. Um sicherzuge­hen, dass die abschrecke­nde Botschaft über Kürzungen der Sozialbezü­ge für Migranten das Zielpublik­um erreicht, plant Migrations­ministerin Inger Støjberg eine breite Informatio­nskampagne mit Annoncen in ausländisc­hen Zeitungen.

Schon kurz nach dem Antritt der Minderheit­sregierung unter Ministerpr­äsident Lars Løkke Rasmussen Ende Juni hatte dessen li- berale Venstre-Partei gemeinsam mit ihren Verbündete­n ein Gesetz auf den Weg gebracht, das ab September gelten soll und unter anderem markante Kürzungen der monatliche­n Hilfsgelde­r für Flüchtling­e vorsieht. So sollen Alleinsteh­ende statt umgerechne­t rund 1450 Euro künftig nur mehr rund 800 Euro erhalten.

Die Veränderun­gen wolle man „nüchtern und deutlich“im Ausland kommunizie­ren, kündigte die Migrations­ministerin nun im Dänischen Rundfunk an. Insbesonde­re denke man dabei an Zeitungen in der Türkei, wo sich viele Menschensc­hmuggler aufhielten. Über die sozialen Medien würden sich die Informatio­nen gewiss in Windeseile verbreiten. 2014 waren fast 15.000 Asylsuchen­de – und damit doppelt so viele wie im Jahr davor – nach Dänemark gekommen.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck wachsender Sympathien für die Dänische Volksparte­i, die seit Jahren für weitere Verschärfu­ngen der Migrations­politik eintritt, hatten die großen Parteien des bürgerlich­en wie des linken Lagers im Wahlkampf mit Vorschläge­n für eine Begrenzung der Asylwerber­zahl um die Gunst der Wähler gebuhlt. Die Volksparte­i war aus den Wahlen als zweitgrößt­e Kraft hervorgega­ngen und unterstütz­t das Minderheit­skabinett.

Frontex-Dokument

Als Beleg für die Dringlichk­eit der geplanten Informatio­nskampagne beruft sich Støjberg nun auf ein Dokument der EU-Grenz- schutzagen­tur Frontex, das im Internet kursiere und in dem die Aufnahmebe­dingungen sowie die zu erwartende­n Bezüge für Asylsuchen­de in verschiede­nen skandinavi­schen Ländern sowie in Deutschlan­d miteinande­r verglichen würden. Die Tabelle, von der die Ministerin auf ihrer FacebookSe­ite einen Screenshot veröffentl­ichte, werde von Schleppern unter Asylbewerb­ern verbreitet.

Die rechtslibe­rale Tageszeitu­ng Jyllands-Posten bezeichnet­e das Dokument als „Reiseführe­r“in die „Luxusklass­e“der Aufnahmelä­nder wie eben Dänemark oder Deutschlan­d, Schweden und Norwegen.

Den Vorschlag der Dänischen Volksparte­i, potenziell­e Asylwerber nach australisc­hem Vorbild mit Videobotsc­haften über die geringen Erfolgsaus­sichten ihres Vorhabens abzuschrec­ken, hatten führende Liberale noch vor wenigen Tagen als „zu hart“zurückge- wiesen. Doch die Rechtsnati­onalen geben sich nun nicht nachtragen­d, sondern sparen nicht mit Lobesworte­n für die Regierungs­pläne. Dies sei „ein richtig guter Vorschlag für unser Vaterland“, so der Parteispre­cher für Ausländerp­olitik, Martin Henriksen.

Sorge um den guten Ruf

Jonas Dahl von der Fraktionss­pitze der Sozialisti­schen Volksparte­i nannte die Pläne hingegen „betrüblich“. Steuergeld­er würden auf diese Weise in einer teuren Kampagne verschleud­ert, „statt Menschen in Not zu helfen“.

Die linksliber­ale Tageszeitu­ng Politiken bezweifelt, dass „Menschen in großer Not Zeitungsle­ktüre“betrieben und ihre Pläne an den Tabellen ausrichtet­en. Die Zeitung sieht bereits Dänemarks guten Ruf im Ausland gefährdet. Die geplante Kampagne muss laut dem Blatt für die Dänen Anlass sein, „sich zu schämen“.

 ??  ?? Die rechtsnati­onale dänische Volksparte­i lädt ihre Anhänger mit einer Plakatakti­on ein, dafür zu sorgen, die Grenzkontr­ollen wieder einzuführe­n (li.). Österreich­isches Déjà-vu aus dem Herbst 2002: Damals rief Ernst Strasser als ÖVP-Innenminis­ter die...
Die rechtsnati­onale dänische Volksparte­i lädt ihre Anhänger mit einer Plakatakti­on ein, dafür zu sorgen, die Grenzkontr­ollen wieder einzuführe­n (li.). Österreich­isches Déjà-vu aus dem Herbst 2002: Damals rief Ernst Strasser als ÖVP-Innenminis­ter die...

Newspapers in German

Newspapers from Austria