Schmierereien und Spiritus
Prozess gegen 35-Jährigen, der seine Gasse verunstaltete
Wien – Ob Graffiti Kunst oder Vandalismus sind, ist eine nicht unumstrittene Frage. Den Anspruch, kreativ tätig gewesen zu sein, erhebt Pavlin M. allerdings gar nicht. Er gesteht Richterin Stephanie Öner unumwunden, dass ihn ein schwarzer Lackstift mit einer Anklage wegen schwerer Sachbeschädigung vor sie gebracht hat.
„Ich hatte mehr Bier getrunken, als ich vertrage, dann habe ich den gefunden“, sagt er. Was er mit diesem gemacht hat? „Ich kann es mir nicht erklären.“Er hat nämlich in der Gasse, in der er in Wien-Leopoldstadt wohnt, alles Mögliche beschmiert. Mit „BO4“. „Hat das einen Zweck gehabt?“, fragt Öner. „Nein, es war ein äußerst dummer Einfall.“
Er verunstaltete ziemlich alles, was so in der Gegend herumstand. Fenster, Eingangstüren, eine Hauswand, einen Briefkasten, mehrere Autos, ein Verkehrszeichen, einen Kaugummiautomaten. „Haben Sie das dann eigentlich selbst geputzt oder den Geschädigten Geld gezahlt?“, interessiert die Richterin. „Ich habe versucht, die Leute zu erreichen, einige hatten es aber schon reinigen lassen.“
Bei anderen griff er aber zum Putzlappen. „Ist das wieder heruntergegangen?“, will Öner wissen. „Ja, ich habe mir eine große Flasche Spiritus um fünf Euro gekauft, mit dem habe ich vieles wegwischen können“, antwortet der zerknirschte Unbescholtene.
Es hätte auch Alternativen gegeben, verrät die erste Zeugin. Diese hat in der Nacht des 25. Februar das Quietschen des Stiftes auf ihrer Fensterscheibe gehört. Auf Schadenersatz verzichtet sie: „Ich habe das dann einfach mit Nagellackentferner entfernt.“
Zwei Hausverwaltungen wollen für Reinigungskosten insgesamt 520 Euro von dem 35-Jährigen, die will er trotz niedrigen Einkommens innerhalb von sechs Monaten zahlen. Andere Opfer – beispielsweise die Post – sind gleich gar nicht gekommen.
Ein Mitarbeiter der Magistratsabteilung 46, zuständig für „Verkehrsorganisation und Technische Verkehrsangelegenheiten“, dürfte wegen des beschädigten Verkehrszeichens hier sein. Allerdings: „Wir sind nur für die Bewilligung zuständig, die Erhaltung obliegt der MA 28“, erfährt man über die Aufgabenteilung der Stadtverwaltung.
Richterin Öner sieht schließlich aufgrund der Schadenssumme unter 3000 Euro nur eine einfache Sachbeschädigung und keinen Grund für eine Verurteilung. Sie entscheidet sich für eine Diversion, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit muss M. abarbeiten.
Ob ihm die Aufgaben zugeteilt werden, will er wissen. „Das wird für Sie ausgesucht“, erklärt ihm Öner, „idealerweise wird es irgendetwas, wo Sie etwas wegputzen müssen.“Da Staatsanwalt Florian Euler-Rolle keine Erklärung abgibt, ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig.