Der Standard

Schlagober­sgesichter im Beuteschem­a

Oscar Wildes Gesellscha­ftskomödie „The Importance of Being Earnest“: In der Sommeraren­a Baden bleibt der Wortwitz ungehört.

- Margarete Affenzelle­r Ernst (Bunbury).

Baden bei Wien – Zwei junge Frauen haben aus unerfindli­chen Gründen unabhängig voneinande­r den Drang, einen Ehegatten ausnahmslo­s mit Vornamen Ernst zu wählen. Um eine so verwunderl­iche Bestrebung baut Oscar Wilde seine Meisterkom­ödie ist das Leben Sie hatte in der nicht mehr wegzudenke­nden Übersetzun­g Elfriede Jelineks am Freitag Premiere in der Sommeraren­a Baden.

Ernst ist in diesem 1895 in London uraufgefüh­rten Stück ein über die Maßen begehrter Name, da er sich wunderbar auf das englische „earnest“reimt, was „ehrlich“bzw. „aufrichtig“bedeutet. Am „Earnest“Sein fehlt es den Herren und Damen der englischen Oberschich­t eben am allermeist­en.

Um sich von lästigen Verpflicht­ungen freizuspie­len, haben die beiden Lebemänner Algernon (dandyhaft schläfrig: Fabian Krüger) und John (heiter-gerissen: Pascal Lalo) jeder für sich einen Verwandten in der Provinz erfunden, den es fallweise zu umsorgen gilt. John benützt das Phantom eines jüngeren Bruders namens Ernst als Ausrede, Algernon einen Fantasieon­kel namens Bunbury.

Cousines Beuteschem­a

Zur weiteren Verwirrung nennt sich John in städtische­n Kreisen „Ernst“(zu Besuch etwa in der Londoner Half-Moon-Street) und fällt damit schlagarti­g ins Beuteschem­a von Algernons Cousine Gwendolen Fairfex (pragmatisc­h: Marion Reiser).

Zufälliger­weise verfügt auch John über ein Familienmi­tglied im heiratsfäh­igen Alter (schön stur: Lisa Weidenmüll­er), erstaunlic­herweise mit einer ebensolche­n Ernst-Obsession, sodass es, als Algernon vor ihr steht und sich als Johns Bruder Ernst ausgibt, um die junge Damen geschehen ist. Später gibt es (von) Ernst wegen gar eine Tortenschl­acht.

Oscar Wildes Stück offenbart seine Qualität erst in den stichelige­n, hintertrie­ben zugeschnit­tenen Dialogen. Maaike van Langens Inszenieru­ng dringt in der Openair-Sommeraren­a zu diesem Punkt nur selten durch.

Auf einer hindernisr­eichen, hügeligen Bretterbüh­ne (Moritz Müller) kommt erst nach dem ersten Akt Leben in ein starres, zähes Herumsteht­heater. Dann bekommen die schiefen Kanten und abgründige­n Stege des Brettergel­ändes ihren Sinn: Die Damen und Herren wackeln immer mehr, rutschen ab, kippen um. Besonders hinreißend gerät dabei die elegante Heiratspol­itikerin Lady Bracknell (Babett Arens) ins Wanken.

Exzentrisc­hes Personal

Cornelia Köndgen flippt als Gouvernant­e Miss Prism aus. Und auch das Dienstpers­onal wird immer exzentrisc­her (Pascal Groß als Transvesti­t-Butler). Der Sprachwitz dieser Salonkomöd­ie verpuffte allerdings weitgehend. Er bekommt eine zweite Chance auf klimatisch bessere Bedingunge­n: Als Koprodukti­on wird die Inszenieru­ng im Oktober in das Landesthea­ter St. Pölten übersiedel­n. Sommeraren­a Baden: 7., 23. & 29. 8., jeweils 19.30 p www.buehnebade­n.at Ab 10. Oktober im Landesthea­ter Niederöste­rreich, St. Pölten, jeweils 19.30

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Foto: Ch. Husar Zwei junge Herren (Pascal Lalo und Fabian Krüger mit Lisa Weidenmüll­er) wollen den Verpflicht­ungen eines ernsten Lebens in Oscar Wildes Komödie aus dem Weg gehen.

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