Der Standard

„Ich bin richtig ins Rollen gekommen“

Dominic Thiem schätzt nach seinem Sieg in Umag die Schnellleb­igkeit im Tennis

- Christian Hackl

Umag/Wien – Es ist nicht so, dass der zweite Turniersie­g bereits in die Rubrik „Routine“fällt, aber Dominic Thiem war am Tag danach gefasst. „Und glücklich.“Am Sonntagabe­nd hatte er im Endspiel von Umag Joao Sousa in 61 Minuten 6:4, 6:1 abgefertig­t. Der Portugiese entschuldi­gte sich beim Publikum für die Kürze, für seine Chancenlos­igkeit. „Dominic war zu gut.“Das Eintrittsg­eld hat er nicht rückerstat­tet, gewisse Prinzipien werden im Tennis eingehalte­n. Thiem hat 80.000 Euro Preisgeld kassiert, in der Weltrangli­ste ist er die Nummer 24.

Den Montag verbrachte er gemeinsam mit seinem Vater Wolfgang vor allem im Auto, es gibt fadere Strecken als jene von Umag nach Gstaad, von der kroatische­n Küste ins Schweizer Gebirge. „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, sagte der 21-jährige Niederöste­rreicher dem Standard. „Verliere ich in Gstaad, ist Umag Geschichte.“Diese Schnellleb­igkeit zeichne das Tennis aus. „Das ist das Schöne und zugleich das Hässliche an diesem Sport. Du kannst Niederlage­n rasch ausmerzen. Anderersei­ts kannst du Erfolge kaum genießen.“Wobei eine Autofahrt über 800 Kilometer trotz aller Konzentrat­ion die Möglichkei­t zur Verarbeitu­ng bietet.

Da war vor gut einer Woche in Kitzbühel der Daviscup gegen die Niederland­e, Thiem hatte beide Einzel und Österreich den Länderkamp­f verloren. In den sozialen Medien wurde er verhöhnt, was ihm aber relativ egal war. „Wenn du dich nach einer schwachen Leistung jedes Mal infrage stellst, hast du den Beruf verfehlt.“

Kommunikat­ion

Thiem ist auf Facebook aktiv und wird es bleiben. „36.000 Fans sind ausbaufähi­g.“Steht man in der Öffentlich­keit, sei es eine Verpflicht­ung, mit dieser zu kommunizie­ren. „Privates bleibt aber privat. Ich beziehe mich auf Dinge, die man eh im Fernsehen sehen kann.“Zum Beispiel das Finale in Umag. „Es war bei aller Bescheiden­heit nahe an der Perfektion.“

Der Weltrangli­stenerste Novak Djokovic ist im Stadion gewesen, nach dem ersten Satz hat er es verlassen. Vor der Partie wechselten sie einige, nicht die Welt in ihren Grundfeste­n erschütter­nde Sätze. Diese Begegnung ist für Thiem „bemerkensw­ert gewesen. Der Beste hat mir zugeschaut. Normalerwe­ise unterhält er die Leute.“

Umag hat sich zum Selbstläuf­er entwickelt. Frustriert aus Kitzbühel angereist, hatte Thiem ein Freilos, das schaffen andere auch. Im Achtelfina­le gab Dusan Lajovic erschöpft auf (6:1, 3:1), danach scheiterte Andreas Haider-Maurer an der Kombinatio­n aus Hitze plus Landsmann (6:7, 6:1, 3:0). Im Semifinale gewann der topgesetzt­e Gael Monfils den ersten Satz 6:1, Thiem den Rest 6:3, 6:1. „Ich besann mich meiner Stärken, bin richtig ins Rollen gekommen.“

Am 23. Mai hatte Thiem in Nizza den ersten ATP-Titel geholt. Damals war es ein richtiges Gerangel, Leonardo Mayer gab sich erst im Tiebreak des dritten Satzes geschlagen. Der Sieger warf sich rücklings in den Sand, in Umag blieb er nach dem Matchball in der Senkrechte­n. Das Ausbreiten der Arme und ein stolzes Lächeln reichten. „Beim ersten Mal übermannt einen die Emotion, weil der Bann gebrochen ist.“

Jetzt ist Gstaad. Und in der nächsten Woche Kitzbühel. Beim Heimturnie­r ist wieder Trainer Günter Bresnik dabei. Thiem sieht sich nicht als Favorit. „Weil es schnell geht.“Seine Reise wird fortgesetz­t. Das Nahziel scheint gar nicht so ungewiss. „Rauf in der Rangliste, weitere Turniersie­ge.“

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zweifacher Turniersie­ger.
Foto: AP / Alan Diaz Dominic Thiem ist nun schon zweifacher Turniersie­ger.

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