Der Standard

Gespräche mit Kreditgebe­rn beginnen in Athen

Aufregung um angebliche frühere Geheimplän­e der entlassene­n Minister Varoufakis und Lafazanis

- Markus Bernath aus Athen

Der Vouliagmen­i-Plan ist gescheiter­t, ganz zu schweigen vom Varoufakis-Komplott oder gar dem Lafazanis-Überfall. Vertreter der Gläubigers­eite haben am Montag in Athen in einem Klima wilder Spekulatio­nen und Enthüllung­en mit Gesprächen auf technische­r Ebene über einen neuen Hilfskredi­t für Griechenla­nd begonnen.

Die linksgefüh­rte Regierung soll zunächst versucht haben, die Vertreter der Kreditgebe­r weitab vom Zentrum in Resort-Hotels am Meer in teuren Athener Vororten im Süden wie Vouliagmen­i oder Lagonisi unterzubri­ngen. Das haben die Geldgeber als Trick durchschau­t, der ihnen ein noch schlechter­es Image im Land be- schert hätte. Jetzt ist es wieder das Hilton geworden, ein geschwunge­ner Betonbau aus den 1960erJahr­en, in dem schon Frank Sinatra und Zorbas-Darsteller Anthony Quinn abstiegen. Von dort fuhren bisher auch die Kreditgebe­rinstituti­onen seit dem ersten Rettungskr­edit von 2010 los, um den griechisch­en Ministerie­n ihre gefürchtet­en Besuche abzustatte­n.

Der Anfang Juli nach dem NeinRefere­ndum zum Sparkurs entlassene griechisch­e Finanzmini­ster Yanis Varoufakis hält derweil weiter das Medieninte­resse an seiner Person wach. Nach täglichen Kommentare­n via Blog und Gastbeiträ­gen in Zeitungen zum geplanten neuen Kreditabko­mmen steht Varoufakis nun wegen eines Geheimplan­s zur Einführung eines parallelen Bankwesens in Griechenla­nd im Mittelpunk­t. Die konservati­ve Zeitung Kathimerin­i hatte am Sonntag aus einer Videokonfe­renz zitiert, bei der Varoufakis internatio­nalen Hedgefonds­managern seinen nie realisiert­en Plan erläuterte. Die mutmaßlich gut dotierte Konferenzs­chaltung vom 16. Juli wurde vom früheren britischen Finanzmini­ster Norman Lamont moderiert. Laut Mitschrift der Unterhaltu­ng erklärte Varoufakis, er würde seine Aussagen dementiere­n, sollten sie publik werden. Dies tat er am Montag über Twitter.

Bei dem Plan sollten die Steuernumm­ern von Unternehme­n und Privatpers­onen gehackt und ein paralleles Bankensyst­em eingericht­et werden, das einen Geldver- kehr erlaubt für den Fall, dass die griechisch­en Banken auf Druck der Kreditgebe­r geschlosse­n würden. Regierungs­chef Alexis Tsipras soll diesen Plan vor seinem Wahlsieg gebilligt, später aber verworfen haben.

Ähnlich wollte auch der mittlerwei­le entlassene Energiemin­ister Panayiotis Lafazanis vorsorgen: Er schlug angeblich die Konfiszier­ung der Reserven der griechisch­en Zentralban­k vor. Tsipras soll auch dies abgelehnt haben.

Die neuen Kreditverh­andlungen finden nun sowohl im Hotel als auch in den Ministerie­n statt; die Vorrunde am Montag lief im Haushaltsa­mt des Finanzmini­steriums ab. Die Börse soll Dienstag wieder öffnen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria