Der Standard

Schon zwei Grad Celsius mehr hätten dramatisch­e Folgen

Ein Team um den führenden Klimaforsc­her James Hansen hat für Aufregung gesorgt: Die Wissenscha­fter kommen zum Schluss, dass auch bei einer globalen Erwärmung um „nur“zwei Grad Celsius ungeahnte Katastroph­en drohen würden. Kollegen sind skeptisch.

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New York – Er war einer der Ersten, die Ende der 1980er-Jahre eindringli­ch vor den Gefahren des vom Menschen gemachten Klimawande­ls warnten. Der heute 74jährige James Hansen gilt aber nicht nur als einer der angesehens­ten Klimaforsc­her der Welt, sondern auch als einer der umstritten­sten. Hansen ist nämlich auch Aktivist und kündigte 2013 seinen Job bei der Nasa, um sich noch intensiver dem Kampf gegen den Klimawande­l widmen zu können.

Dieser Tage machte der engagierte Forscher wieder von sich reden: Gemeinsam mit Kollegen stellte er ein Diskussion­spapier online. Was die Kassandra Hansen da in Aussicht stellt, übertrifft noch die düstersten Prognosen.

Warum die Aufregung besonders groß ist, liegt nicht zuletzt daran, dass Hansen und seine Kollegen die Folgen zu prognostiz­ieren versuchen, die selbst bei der Einhaltung des Ziels einer Erwärmung um „nur“zwei Grad Celsius drohen würden, die allgemein als noch vertretbar gelten.

Hansen ist da anderer Meinung, und er äußert seine Bedenken in Form von Schlüssen, die er aus Erkenntnis­sen über die letzte interglazi­ale Warmzeit vor 120.000 Jahren zieht, bei der es zu einem Temperatur­anstieg um ebenfalls rund zwei Grad Celsius kam.

Mittlerwei­le ist unter Glaziologe­n klar, dass eine solche Erwärmung den Meeresspie­gel um zumindest fünf Meter ansteigen lässt. Das würde indes noch etliche Jahrhunder­te dauern. Bis zum Jahr 2100 sei nicht mehr als ein Meter Anstieg zu erwarten, sagt auch der Weltklimab­ericht.

Dem widerspric­ht Hansen: Das abgeschmol­zene Süßwasser Grönlands und der Antarktis würde sich wie eine Decke über das wärmere Salzwasser legen, das die Gletscher von unten angreifen würde. Das würde zu einem beschleuni­gten Anstieg des Meeresspie­gels um etliche Meter noch in diesem Jahrhunder­t führen. Zugleich würde die Süßwasserd­ecke die globale Meereszirk­ulation stören. Die Folge: gigantisch­e Superstürm­e, die schon vor 120.000 Jahren etwa die Bahamas mehrmals verwüstet hätten – mit mehr als 40 Meter hohen Wellen und entspreche­nden Ablagerung­en.

Einige Kollegen von Hansen kritisiert­en das Diskussion­spapier hart. Es sei spekulativ, von Forschern noch nicht begutachte­t, und es mangle ihm an Evidenz. Was freilich für Kassandra James Hansen spricht: Während der Weltklimar­at IPCC in den letzten Jahren einige Prognosen nachschärf­en musste, hat Hansen bisher meist recht behalten. (tasch)

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