Der Standard

Sieg des Glücksspie­lmonopols

Der langjährig­e Rebell Novomatic wird selbst Teil einer fragwürdig­en Struktur

- Eric Frey

Glücksspie­l ist einer der letzten Bereiche, in denen es in der EU Monopole geben darf. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) akzeptiert den Wunsch von Staaten, die Dienstleis­tungsfreih­eit einzuschrä­nken, damit nicht ungeregelt­er Wettbewerb noch mehr Menschen in die existenzbe­drohende Spielsucht treibt.

Dieses Monopol wird in Österreich seit Jahrzehnte­n von den Casinos Austria und ihrer Tochter Österreich­ische Lotterien gehalten; ein Teil der Gewinne wird vom Staat für gemeinscha­ftliche Zwecke wie die Sportförde­rung abgeschöpf­t. Bekämpft wurde dieses profitable Arrangemen­t vor allem vom aufstreben­den Spielautom­atenherste­ller Novomatic. Der niederöste­rreichisch­e Konzern wuchs immer stärker, während der Platzhirsc­h zusehen musste, wie sein Kasinostam­mgeschäft schrumpft und die Onlinetoch­ter win2day mit illegaler ausländisc­her Konkurrenz zu kämpfen hat. llerdings hat Novomatic zuletzt zwei schwere Rückschläg­e einstecken müssen: Die Stadt Wien hat das von ihm dominierte kleine Glücksspie­l verboten, und der Verwaltung­sgerichtsh­of hob die Vergabe zweier neuer Kasinolize­nzen an Novomatic – sowie eine an einen deutschen Anbieter – wegen Fehlern im Verfahren auf. Jahrelange­s politische­s Lobbying mit kräftiger Hilfe aus St. Pölten wurde mit einem Streich zunichtege­macht. Denn bis zur Neuvergabe dieser Lizenzen werden wohl Jahre vergehen, und bis dahin bleiben die Casinos Monopolist.

Doch so lange will Novomatic nicht warten. Der Konzern hat die Gunst eines unausgerei­ften Verstaatli­chungsplan­es von Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling ergriffen und damit begonnen, die Anteile der vielen Casinos-Minderheit­saktionäre aufzukaufe­n. Statt das Casinos/LotterienM­onopol zu brechen, wird Novomatic selbst Teil dieser verkrustet­en Struktur, an der auch der ORF beteiligt ist. Das stellt Behörden, Gerichte und die Politik vor eine schwierige Situation.

Denn eigentlich dürfte es das Monopol gar nicht mehr geben. Der Auftrag an den Monopolist­en, die Spielsucht einzudämme­n, wird in den Augen vieler Kritiker durch die aggressive Werbung für seine vielen Spielangeb­ote konterkari­ert. Und ein Zusammensc­hluss, der einen Marktantei­l von fast 100 Prozent im legalen Glücksspie­l

Azur Folge hat, ist kartellrec­htlich kaum hinnehmbar.

Dazu würde eine Novomatic-Übernahme der Casinos den korruption­sanfällige­n Missstand verschärfe­n, dass privaten Investoren das Privileg eines Monopols verliehen wird. Wenn der Staat schon einen Markt abschottet, deutete der EuGH mehrmals an, dann soll er das Geschäft selbst betreiben und die Gewinne vergemeins­chaften.

Die Alternativ­e dazu wäre die Öffnung des Glücksspie­lmarkts für alle qualifizie­rten, auch ausländisc­hen Anbieter, die unter einer strikten staatliche­n Aufsicht und klaren Wer- bebegrenzu­ngen agieren müssten. Doch das würde den Wert der staatliche­n Casinos-Beteiligun­g reduzieren.

Daher zeichnet sich ab, dass Novomatic sein Ziel erreicht und Mehrheitse­igentümer Johann Graf, mit mehr als fünf Milliarden Euro Vermögen der viertreich­ste Österreich­er, noch reicher wird. Noch mehr Menschen wird das Blaue vom Himmel versproche­n, damit sie ihr schwer verdientes Geld verspielen. In einigen Jahren wird der EuGH dann die Marktöffnu­ng erzwingen. Aber bis dahin bleibt das heimische Glücksspie­lgeschäft ein intranspar­enter Sumpf.

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