Platzverbot rechtswidrig
Ein Höchstgerichtsurteil gegen das Platzverbot bei einer FP-Kundgebung könnte auch für den Akademikerball Folgen haben.
Graz – Ein umstrittenes großräumiges Platzverbot, das die Polizei in Graz bei einer FPÖ-Wahlveranstaltung im November 2012 für den Grazer Freiheitsplatz verhängte, hat weitreichende Folgen. Denn der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschied nun, dass das Platzverbot, das in den letzten Jahren immer wieder angewandt wurde, um Gegendemonstranten von FPÖ-Veranstaltungen oder auch Pegida-Aufmärschen fernzuhalten, rechtswidrig ist.
Die Prüfung der Verordnung regte der Grazer Anwalt Ronald Frühwirth an, nachdem der heute 30-jährige Grazer Philipp H. 2013 beim Landesverwaltungsgericht Steiermark mit einer Beschwerde abgeblitzt war. Der unbescholtene H. fühlte sich diskriminiert, weil man ihn am Freiheitsplatz, wo FPÖ-Stadtrat Mario Eustacchio und Parteichef Heinz-Christian Strache auftraten, nicht vorließ. Aufgrund der Verordnung musste Richter Erich Kundegraber die Beschwerde damals abweisen. Nach der neuen Rechtslage nach dem VfGH-Entscheid gab Kundegraber H. nun recht.
Wie der Standard damals berichtete, wurden auch GrünenMandatare, die sich die Kundgebung aus beruflichen Gründen ansehen wollten, nicht vorgelassen. Die Polizei gab damals an, nur Leute, von denen Gewalt ausgehen könnte, nicht vorzulassen. Die Nationalratsabgeordnete Judith Schwentner und der damalige burgenländische Landtagsabgeordnete, heute EU-Parlamentarier, Michel Reimon sind jedoch nicht als gewalttätig bekannt. Reimon wurde, obwohl er sich als Mandatar ausgewiesen hatte, mit Körpergewalt am Betreten gehindert. Erst später ließ man ihn durch. Besonders pikant: Videos beweisen, dass die Polizei bei der Auswahl der Vorgelassenen dem Kopfnicken von der FPÖ angeheuerter Männer gehorchte.
Nur als Pufferzone erlaubt
„Das alles hat den Richter aber nicht einmal interessiert“, erzählt Rechtsanwalt Frühwirth am Freitag dem Standard, „denn die ganze Verordnung war hier sowieso schon rechtswidrig“.
Ein Platzverbot habe nämlich laut Gesetz nur einen Zweck: die Errichtung einer Pufferzone zwischen Demonstranten und Gegendemonstranten, um sie voneinander fernzuhalten. Am Veranstaltungsort einer öffentlichen Kundgebung selbst darf kein Platzverbot verhängt werden. Vom VfGH heißt es dazu: Es sei nicht erlaubt, „ein Platzverbot genau an dem Ort, an dem die (allenfalls zu schützende) Versammlung selbst stattfindet, zu verhängen“.
„Wir waren die Ersten, die das Platzverbot als solches angefochten haben“, betont Frühwirth, „nun wird sich die Polizei auch bei Veranstaltungen wie dem Akademikerball etwas Neues einfallen lassen müssen. Man kann nicht einfach verbieten, dass Menschen im öffentlichen Raum demonstrieren. Das gehört in einer Demokratie nun mal dazu.“Gegen etwaige Gewalttäter habe man andere rechtliche Handhabe.
Aus dem Innenministerium heißt es, das Erkenntnis sei „natürlich zur Kenntnis zu nehmen“. „Die Sicherheitsbehörden haben bei jeder Verhängung eines Platzverbotes aktuelle Judikatur zu berücksichtigen, so Ministeriumssprecher Karlheinz Grundböck.