Lieber essen als ernähren
Zur Halbzeit der Weltausstellung in Mailand zeichnet sich ab, dass die Besucher gerne auf dem Gelände speisen. Wie man die Welternährung in den Griff bekommt, ist für sie ebenso wenig Thema wie in den meisten Länderpavillons.
Mailand will „den Planeten ernähren“. Offensichtlich sind die meisten Besucher der Expo 2015 aber eher am Motto-Zusatz der Weltausstellung interessiert: „Energie fürs Leben“. Die holen sie sich gerne von den kulinarischen Angeboten der einzelnen Länderpavillons mit ihren Restaurants. Ein großartiger Jahrmarkt, an dem 145 Nationen teilnehmen.
Es ist nicht sicher, ob die WeltExpo 2015 in Mailand ein Erfolg wird. Zwar wurden laut den Organisatoren bis zur Halbzeit Ende Juli knapp zehn Millionen Tickets verkauft. Dies entspricht den Erwartungen. Allerdings wird ein Großteil der Karten abends verkauft, wenn der Eintritt statt 38 Euro nur noch fünf Euro kostet. Geht man davon aus, dass nach dem Ende der Expo am 31. Oktober mangels eines Nachnutzungskonzeptes die Pavillons einfach abgerissen werden, kann von einem schonenden Umgang mit Ressourcen keine Rede sein.
Unkulturen als Thema
Das Leitmotiv der Expo wird fast durchwegs oberflächlich behandelt. Die Ausnahme bildet der Pavillon des Vatikans, wo tatsächlich die Unkultur der Verschwendung thematisiert wird – oder jener Südkoreas, wo unter anderem zu sehen ist, wie man übriggebliebene Nahrungsmittel effizienter nutzt und aufbewahrt. Die Mailänder Großbank Intesa Sanpaolo gibt in deren Waterstone-Pavillon immerhin Diskussionen und Seminaren Raum, die die wirtschaftlichen Aspekte der besseren Nutzung von Ressourcen ansprechen.
Der österreichische Pavillon ist ökologischen Überlegungen gewidmet und hat sich mit seinem plakativ vor dem Gebäude gepflanzten Bäumen und Büschen viele Freunde gemacht. Das Projekt „Breathe Austria“sei eine brillante Idee, meinte etwa der frühere Mailänder Kulturassessor, Salvatore Carrubba. Mit knapp einer Million Besucher von Mai bis Ende Juli zählt der Pavillon zu den meistbesuchten.
Der Erfolg ist nicht nur den schönen Landschaftsvideos „im Wald“, sondern auch der Hitzewelle zu verdanken. Durchschnittlich liegt die Temperatur im „ÖsterreichWald“um drei bis vier Grad unter der des restlichen Expo-Geländes. Überhaupt scheinen sich die Besucher um die Grünflächen auf dem Gelände zu reißen – seien sie auch noch so klein wie jene vor dem UKPavillon.
Zu den Gewinnern zählt zweifellos Mailand selbst. Die noch vor wenigen Jahren graue und ein wenig verstaubte Stadt hat sich zu einer vitalen Metropole entwickelt. Eine nagelneue Skyline – von den Mailändern „MiYork“genannt – ist im In-Viertel Isola entstanden und wird vom höchsten Gebäude der Stadt, dem 33-stöckigen Unicredit-Tower, dominiert.
Architekt Michele De Lucchi hat neben dem Turm einen dreistöckigen Holz-Glas-Pavillon er- richtet. Ende Juli wurde er eröffnet, nun soll er zum Event-, Kongress- und Kulturzentrum der Stadt avancieren. Im Auditorium stellt die Bank einen Teil ihrer Gemäldesammlung aus, das Konzertprogramm sieht im September Auftritte der Philharmoniker von der Scala und des China Oriental Symphonieorchesters vor.
Chinesen haben übrigens als eine der Ersten die Bedeutung des neuen Mailänder Trendviertels erkannt. Der Unternehmer Xiao Dong Zhu, Präsident von China Investment, wird hier ein 15-stöckiges Wintergarten-Hochhaus errichten, dessen Wohnungen und Büroräume chinesischen Managern vorbehalten sein werden.
Die neue Skyline als Beilage
Im Fahrwasser der Expo sind neue Restaurants und Hotels wie Schwammerln aus dem Mailänder Boden geschossen. Im dritten Stock des Kulturtempels „Palazzo della Triennale“etwa wurde das Restaurant La Terrazza eröffnet. Es bietet einen atemberaubenden Blick auf die hinter dem Sempione-Park aufragende Skyline.
Auch die im Rahmen der Mailänder Triennale bis 31. Oktober zu sehende Schau „Arts and Food“wird mit dem Expo-Leitmotiv zu tun haben. Die Ausstellung blättert das Thema „Esskultur“zurück bis 1851, den Zeitpunkt der ersten Londoner Weltausstellung.
Zum Expo-Start abgeschlossen wurde die Sanierung des DarsenaHafenbeckens, und im Juni endeten auch die dreißigjährigen Restaurierungsarbeiten an der Renaissancekirche San Maurizio – ein Meisterwerk mit 4000 Quadratmetern aufgefrischter Fresken im Herzen Mailands. pwww. expo2015.org www.turismo.milano.it www.triennale.org