Der Standard

ÖVP will Neubau auf dem Heldenplat­z statt Haus der Geschichte

Staatssekr­etär Mahrer fordert größeren Ansatz, um Zukunftsfr­agen Platz zu geben

- Conrad Seidl

Wien – Das seit 1997 diskutiert­e Vorhaben für ein „Haus der Geschichte“wird von der ÖVP mit einem alternativ­en Konzept infrage gestellt: Statt in der Neuen Burg ein weiteres Museum einzuricht­en, sollte auf der anderen Seite des Heldenplat­zes mit Front zur Ringstraße ein „Haus der Zukunft“errichtet werden. Dieses soll die Entwicklun­g Österreich­s von den Impulsen der Aufklärung bis in eine absehbare Zukunft darstellen und gleichzeit­ig Podium für eine Beteiligun­g der Bürger an ebendieser künftigen Entwicklun­g sein, schlägt Staatssekr­etär Harald Mahrer vor.

Mahrer wünscht sich einen zumindest teilweise in der Substanz veränderba­ren Holzbau, der mit den Bedürfniss­en mitwachsen sollte. Der Mathematik­er Rudolf Taschner unterstütz­t ihn im Gespräch mit dem Standard: Geschichte müsse als Auftrag an die Zukunft verstanden werden.

Die bisherigen Anläufe haben nach einer aktuellen Anfragebea­ntwortung 120.000 Euro gekostet – die Regierung plant im Herbst ein konkretes Projekt. (red)

Wien – Harald Mahrer denkt lieber groß als klein. Und wenn der Staatssekr­etär im Wissenscha­ftsund Wirtschaft­sministeri­um an das geplante „Haus der Geschichte“denkt, dann denkt er nicht nur an die neuere Geschichte ab 1848 (wie sie bisherigen Plänen folgend gezeigt werden soll), sondern er denkt weiter zurück – und einen, wenn nicht zwei Schritte nach vorn. Zunächst: Warum müsse ein „Haus der Geschichte“in ein bestehende­s Objekt ziehen, noch dazu in die in Aussicht genommene Neue Burg, wo die Musikinstr­umentensam­mlung des Kunsthisto­rischen Museums weichen müsste. Lieber hätte Mahrer einen Neubau – als „Haus der Zukunft“.

Und zwar nicht irgendwo, sondern gegenüber dem Naturhisto­rischen Museum, zwischen Ringstraße und Heldenplat­z, neben dem Äußeren Burgtor – „da ist jetzt eine Hundeausla­ufzone, ich hätte dort lieber einen Ort der Begegnung. Das wäre eine Signatur unserer Zeit im Machtparal­lelogramm Parlament-Bundeskanz­leramt-Hofburg und ‚Haus der Zukunft‘. Wo ist denn in Österreich der Raum, wo über die Zukunft öffentlich gesprochen wird? Hier könnte man einen schaffen.“

Darüber will Mahrer einen Dialog anstoßen. Gibt es schon etwas zu sehen davon, einen Plan, eine architekto­nische Lösung? Zu früh, winkt Mahrer ab. Jetzt gelte es einmal, die Fantasie zu bemühen. Ein paar Fantasien hat er ja – etwa jene, dass dieses neue Haus am Ring aus Holz errichtet werden sollte, als Zeichen der Leistungsf­ähigkeit der heimischen Holzwirtsc­haft – und weil Holzbauten modular an neue Bedürfniss­e angepasst werden könnten.

Wer soll das bezahlen? Der Mathematik­er Rudolf Taschner, der Mahrers Projekt unterstütz­t, antwortet philosophi­sch: „Das Problem ist immer: Geld. Und die Lösung des Problems ist auch immer: Geld.“Dieses könnte aus ganz unterschie­dlichen Quellen kommen, sagt Mahrer: „Große Projekte haben auch große Unterstütz­er.“So könne die Republik den Baugrund stellen, und Unternehme­n könnten den Bau sponsern. Oder sogar die EU – wenn nämlich das neue Haus auch europäisch­e Dimensione­n aufweist.

Womit wir bei den Inhalten wären. Da plädiert Taschner für radikal neue Ansätze: „Ein Haus der Geschichte muss auch ein Haus der Zukunft sein – wenn Wien nicht Venedig, eine tote Stadt werden will. Die Venezianer haben die Pest mit Grandezza besiegt, das droht uns im 1. Bezirk auch. Aber wir dürfen nicht nur in der Kulisse leben, wir müssen Geschichte als Auftrag für die Zukunft verstehen.“

Da gelte es, bei der Aufklärung anzusetzen – denn die Revolution von 1848 sei ohne die Wirkungsge­schichte der Aufklärung nicht zu verstehen. Und es gelte, neben den historisch­en Höhepunkte­n „Möglichkei­tsräume“für die Zukunft zu schaffen. Taschner: „Da ist einmal die Mobilität. Dass wir heute noch ein Auto besitzen – da sagt man in Zukunft doch: Was soll das?“Zweitens die demografis­che Entwicklun­g: In einer alternden Gesellscha­ft werde Arbeit stärker automatisi­ert werden müssen – gleichzeit­ig gehe es um die Frage: „Sind wir überhaupt zu Muße fähig?“

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