Generalbundesanwalt attackiert deutsche Regierung
Range wirft Politik in Landesverratsaffäre „unerträglichen Eingriff in Unabhängigkeit der Justiz“vor
Der Ton in der Affäre um „Landesverrat“, den deutsche Journalisten begangen haben sollen, wird immer schärfer. Überraschend hat der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range am Dienstag eine Pressekonferenz einberufen. Was er dort erklärte, war ebenso verblüffend. Denn ansonsten pflegt sich der oberste Ankläger der Bundesrepublik nicht mit so deutlichen Worten gegen die Regierung zu stellen.
Range jedoch beklagte politischen Druck in der Causa: „Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz.“Wie berichtet, hat Range Ermittlungen gegen Journalisten des Blogs netzpolitik.org eingelei- tet. Diese sollen die Sicherheit des Staates gefährdet haben, weil sie aus internen Dokumenten des Verfassungsschutzes zitiert hatten. Es ging in dem Beitrag um Überlegungen des Inlandsgeheimdienstes, massenhaft Internetinhalte auszuwerten.
Dazu hatte Range bei einem Sachverständigen ein Gutachten zum Straftatbestand „Landesver- rat“bestellt. Dieser, so Range, sei zum vorläufigen Ergebnis gekommen, dass es sich bei den von netzpolitik.org veröffentlichten Unterlagen tatsächlich um ein Staatsgeheimnis handelt. Also hat Range das Justizministerium informiert.
Am Dienstag gab er dann bei der Pressekonferenz bekannt: „Mir wurde die Weisung erteilt, das Gutachten sofort zu stoppen und den Gutachtenauftrag zurückzuziehen. Dieser Weisung habe ich Folge geleistet.“
Unabhängigkeit der Justiz
Den ungewöhnlichen Schritt, nämlich die Öffentlichkeit zu informieren, erklärt er so: „Über die Einhaltung der Gesetze zu wachen, ist Aufgabe der Justiz. Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn sie frei von politischer Einflussnahme ist. Daher ist die Unabhängigkeit der Justiz von der Verfassung ebenso geschützt wie die Presse- und Meinungsfreiheit.“Ranges Frontalangriff richtet sich zwar zunächst gegen den deutschen Justizminister Heiko Maas (SPD). Doch er gilt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich hinter Maas gestellt hatte und auf Distanz zum Generalbundesanwalt gegangen war.
Range ist als Generalbundesanwalt von Amts wegen dem Justizminister unterstellt. Frei von Weisungen sind in Deutschland allerdings nur Richter. Anklägern (somit auch dem Generalbundesanwalt) hingegen kann der Minister Weisungen erteilen.
Rückendeckung erhält Range aus der CDU/CSU. Linken-Chef Bernd Riexinger hingegen erklärt: „Mit diesem ungeheuerlichen Affront fordert Range seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand geradezu heraus.“