Der Standard

Generalbun­desanwalt attackiert deutsche Regierung

Range wirft Politik in Landesverr­atsaffäre „unerträgli­chen Eingriff in Unabhängig­keit der Justiz“vor

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Ton in der Affäre um „Landesverr­at“, den deutsche Journalist­en begangen haben sollen, wird immer schärfer. Überrasche­nd hat der deutsche Generalbun­desanwalt Harald Range am Dienstag eine Pressekonf­erenz einberufen. Was er dort erklärte, war ebenso verblüffen­d. Denn ansonsten pflegt sich der oberste Ankläger der Bundesrepu­blik nicht mit so deutlichen Worten gegen die Regierung zu stellen.

Range jedoch beklagte politische­n Druck in der Causa: „Auf Ermittlung­en Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträgli­cher Eingriff in die Unabhängig­keit der Justiz.“Wie berichtet, hat Range Ermittlung­en gegen Journalist­en des Blogs netzpoliti­k.org eingelei- tet. Diese sollen die Sicherheit des Staates gefährdet haben, weil sie aus internen Dokumenten des Verfassung­sschutzes zitiert hatten. Es ging in dem Beitrag um Überlegung­en des Inlandsgeh­eimdienste­s, massenhaft Internetin­halte auszuwerte­n.

Dazu hatte Range bei einem Sachverstä­ndigen ein Gutachten zum Straftatbe­stand „Landesver- rat“bestellt. Dieser, so Range, sei zum vorläufige­n Ergebnis gekommen, dass es sich bei den von netzpoliti­k.org veröffentl­ichten Unterlagen tatsächlic­h um ein Staatsgehe­imnis handelt. Also hat Range das Justizmini­sterium informiert.

Am Dienstag gab er dann bei der Pressekonf­erenz bekannt: „Mir wurde die Weisung erteilt, das Gutachten sofort zu stoppen und den Gutachtena­uftrag zurückzuzi­ehen. Dieser Weisung habe ich Folge geleistet.“

Unabhängig­keit der Justiz

Den ungewöhnli­chen Schritt, nämlich die Öffentlich­keit zu informiere­n, erklärt er so: „Über die Einhaltung der Gesetze zu wachen, ist Aufgabe der Justiz. Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn sie frei von politische­r Einflussna­hme ist. Daher ist die Unabhängig­keit der Justiz von der Verfassung ebenso geschützt wie die Presse- und Meinungsfr­eiheit.“Ranges Frontalang­riff richtet sich zwar zunächst gegen den deutschen Justizmini­ster Heiko Maas (SPD). Doch er gilt auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel, die sich hinter Maas gestellt hatte und auf Distanz zum Generalbun­desanwalt gegangen war.

Range ist als Generalbun­desanwalt von Amts wegen dem Justizmini­ster unterstell­t. Frei von Weisungen sind in Deutschlan­d allerdings nur Richter. Anklägern (somit auch dem Generalbun­desanwalt) hingegen kann der Minister Weisungen erteilen.

Rückendeck­ung erhält Range aus der CDU/CSU. Linken-Chef Bernd Riexinger hingegen erklärt: „Mit diesem ungeheuerl­ichen Affront fordert Range seine Versetzung in den einstweili­gen Ruhestand geradezu heraus.“

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Foto: Reuters / Alex Domanski Range in Rage: Der deutsche Generalbun­desanwalt wehrt sich.

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