Der Standard

Junger Mann in Pakistan trotz Protesten hingericht­et

Soll bei seiner Verurteilu­ng minderjähr­ig gewesen sein

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Karachi/Wien – Insgesamt vier Mal wurde die Exekution von Shafqat Hussain alleine heuer ausgesetzt. Am Dienstagmo­rgen war es aber so weit: Der junge Mann wurde trotz internatio­naler Proteste in einem pakistanis­chen Gefängnis in Karachi erhängt. Er war 2004 vor Gericht schuldig gesprochen worden, einen Siebenjähr­igen entführt und ermordet zu haben.

Die Anwälte Hussains erklärten, dass ihr Mandant während der Tat und des Urteils erst 14 Jahre alt gewesen ist. Dem widerspric­ht das offizielle Pakistan: Der Verurteilt­e sei bei seiner Verhaftung 23 Jahre alt gewesen. Auch die Vorwürfe der Verteidige­r, dass das Geständnis Hussains unter Folter entstanden ist, weisen die Behörden von sich. Menschenre­chtsgruppe­n setzten sich dafür ein, dass der Prozess aufgrund der Vorwürfe wiederholt werde – vergebens.

Nachdem die Hinrichtun­g bekannt geworden war, regten sich internatio­nale Proteste. „Das ist wieder ein zutiefst trauriger Tag für Pakistan“, so David Griffiths, Direktor für Südostasie­n bei Amnesty Internatio­nal.

In einer Aussendung kritisiert die NGO, dass Hussain unter der Anti-Terrorismu­s-Verordnung des Landes verurteilt wurde, ohne dass jemals die Verbindung zu einer terroristi­schen Organisati­on hergestell­t werden konnte. Auch die Europäisch­e Union verurteilt­e die Exekution. Die Brüder des Hingericht­eten nahmen die Leiche entgegen und werfen nun den Behörden vor, dass die Exekution nicht ordnungsge­mäß verlaufen sei. Sie hätten eine Schnittwun­de am Hals ihres Bruders entdeckt, und sein halber Kopf sei abgetrennt gewesen.

Seit Dezember 2014 wurden fast 200 Menschen in Pakistan hingericht­et. Bis zu diesem Zeitpunkt war ein Todesstraf­en-Stopp in Kraft. Nach einem Angriff auf eine Schule in der Stadt Peshawar, bei dem mehr als 150 Schulkinde­r und Lehrer getötet worden waren, verwarf die Regierung diesen Stopp und vollstreck­t seitdem wieder Todesurtei­le.

Pakistan hat die höchste Anzahl an Menschen in der Todeszelle: 8000 Verurteilt­e warten in den Gefängniss­en des Landes auf ihre Exekution. (bbl)

 ?? Foto: EPA/Mughal ?? Die Eltern des hingericht­eten Shafqat Hussain trauern um ihren Sohn – an dessen Unschuld sie noch immer glauben.
Foto: EPA/Mughal Die Eltern des hingericht­eten Shafqat Hussain trauern um ihren Sohn – an dessen Unschuld sie noch immer glauben.

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